200 Jahre Schule in Hardt

(Gastreferat von D.Rodenbücher zur Eröffnung der Ausstellung in der Volksbank am 3.September 2001)


Es war eine schwere Zeit, als vor 200 Jahren, im Jahre 1801, die 899 Hardter Bürger ihre erste Schule bauten und am 30. März 1801 eröffneten.

Man darf sich diese Schule nicht armselig genug vorstellen. Noch 1818 klagte der damalige Schulpfleger, Dechant Winzen aus Dalen, heute Rheindahlen, der Königlichen Regierung in Düsseldorf:

Die elenden Baracken und Lehmhütten, in denen allenthalben im Kreise Schule gehalten wird, sind Gefängnissen und Folterkammern ähnlicher als Gebäuden, worin vernünftige Menschen gebildet werden.

Die armen Schullehrer mit ihrem hageren Anblick und zerlumptem Aussehen gleichen besoldeten Tagelöhnern, deren Geisteskräfte auch bei den besten Anfängen in Kummer und Elend erschlaffen.

Die Eroberungskriege Napoleons hatten zur Zeit der Schulgründung aus dem kleinen Dorf Hardt eine Mairie im Departement Roer gemacht. Hardt gehörte also zum Kaiserreich Frankreich und exakt hier vor der Tür hatte man den Freiheitsbaum gepflanzt, eine Kastanie, die – bzw. ihre Nachfolger - zu einem Hardter Wahrzeichen werden sollte.

Und so heißt es in einem hübschen Gedicht vom alde Kaschteiboom:

Dä Boom, dä hat et mech aanjedonn,

Dä wooß mech an et Hat.

Hö wött wier jrön, hä sprutt on blött

un ziert de janze Haadt.

Dä Boom, dä es över honget Joar,

Wenn dä vertälle kööß....

Der damals gerade neu nach Hardt gekommene Pastor Braun, übereifrig der neuen Zeit huldigend, predigte auf Französisch zu den Hardtern, die zum aller größten Teil weder schreiben noch lesen konnten und erst recht kein Französisch. Sie konnten nur staunen, aber nichts verstehen. Als aber die Franzosenzeit mit der Niederlage Napoleons zu Ende ging, musste Pfarrer Braun schnellstens seine Koffer packen und Hardt Hals über Kopf verlassen.

Die erste Hardter Schule stand genau da, wo heute die Mariensäule ist, unmittelbar vor der

St. Nikolauspfarrkirche, allerdings stand die heutige Pfarrkirche noch nicht, sondern ein kleiner Vorgängerbau der heutigen Kirche aus dem Jahre 1480.

Das Schulhaus war in Fachwerk errichtet, hatte einen einzigen Schulraum und eine kleine Wohnung für den Küster. Doch der damalige Küster konnte das Lehreramt nicht übernehmen. Er war ein alter Mann und konnte weder lesen und schreiben.

Gehalt oder Zuwendungen von der Gemeinde gab es für einen Lehrer damals nicht. Nur von den wenigen Stübern Schulgeld, die die Eltern dem Lehrer bezahlen mussten, allein, konnte er nicht leben.

So verpflichtete man für die neue Schule den Gerichtsbott und Postmeister Leonard Albertz, vorne an der Tomper Straße wohnend, der die Postkutsche Gladbach-Roermond betreute.

Die Lehrertätigkeit des Albertz ging aber nur einige Jahre gut, denn er war ein Mann, der sich gern mit Bürgermeister und Pfarrer anlegte, und als ein neuer junger Küster nach Hardt kam, 1809, entließ man ihn und stellte den Küster Peter Fausten als Nachfolger ein.

Doch viele Hardter schickten nun ihre Kinder zum Privatunterricht in die Posthalterei weiterhin zum Leonard Albertz. Daraufhin verbot ihm der Gemeinderat das Schulehalten grundsätzlich. Alles mündliche und schriftliche Lamentieren nützte dem Albertz nichts.

Doch auch mit den Küster-Lehrer Fausten hatten die Hardter wenig Glück. Dieser war ein einfacher, eigentlich zum Lehrberuf ungeeigneter Mann. Er heiratete, zog in die kleine Küsterwohnung in der Schule und bekam nach und nach 8 Kinder,

Hunger und Enge waren die Begleiter in seiner Familie.

Zu seinem Glück war er von Beruf gelernter Bäckermeister, so begann er im Schulhaus zu backen, für seine Familie und auch für den Verkauf. Das Brot, das nicht wegging, verfütterte er an seine Schweine, für die er an der Seite des Schulhauses einen Verschlag gebaut hatte.

Eines Nachts nun durchbrachen die Schweine die morschen Wände ihres Verschlages und wühlten frische Gräber auf. Denn die Toten begrub man damals in Hardt außen an der Kirchenmauer, nicht tief und nur in ein Laken gehüllt.

Vor 60 Jahren verfasste der unvergessene Hardter Lehrer Peter Grams diese Geschichte für seine Schüler in schaurig-schönen, ausschmückenden Worten, sprach von Totenköpfen mit struppigen schwarzen Haaren, dem Geschrei der entsetzten Kinder, die am Morgen in die Schule wollten, und dem Staunen und dem Spott der umliegenden Gemeinden über die vorzeitlichen Verhältnisse in Hardt.

Doch war dieser Skandal letztlich für Hardt segensreich. Fausten musste mit seiner Familie Hardt umgehend verlassen, noch im selben Jahr wurde ein Friedhof angelegt und ein junger Lehrer mit Lehrer-Examen wurde eingestellt.

Zudem wurde beschlossen, eine neue Schule zu bauen, doch sollte es noch 10 Jahre dauern, bis eine neue Schule mit 2 geräumigen hellen Klassen, hier schräg gegenüber, dort wo heute die Stadtsparkasse ist, erbaut wurde.

Dieser erste Hardter Lehrer, der keinen weiteren Zusatzberuf ausübte, hieß Wilhelm Linden, war 19 Jahre alt, und zog 1822 mit Mutter in die Küsterwohnung ein. Von der Gemeinde erhielt er freies Wohnrecht, die Nutzung eines Gartens und das Recht, zweimal im Jahr die Transport-Karre der Gemeinde auszuleihen.

Auch er musste sein Schulgeld von den Eltern selbst einsammeln, doch war die Zahlungs-moral so gering, dass die Gemeinde schließlich ein Einsehen hatte, das Geld dem Lehrer vorstreckte und das Schulgeld als Steuer von den Eltern erhob.

50 Jahre blieb Wilhelm Linden Lehrer in Hardt, bis er – ausgezeichnet mit einem hohen preußischen Orden (Hardt war inzwischen preußisch geworden) - in den Ruhestand ging.

Linden hatte in Hardt eine schwere Zeit, denn auch als 1832 die neue 2-klassige Schule an der Vorster Straße fertig geworden war, hatte es - sage und schreibe - noch zehn weitere Jahre gedauert, bis endlich ein zweiter Lehrer zur Unterstützung für Wilhelm Linden eingestellt wurde.

Dieser Lehrer hieß Matthias Schüller, und er war ein unkonventioneller, ja kecker junger Mann. Frisch verheiratet und sehr verliebt sprang er eines Tages während des Unterrichts durch das Fenster hinten aus dem Klassenzimmer, eilte zu seiner Frau, um sie zu umarmen, und eilte auf demselben Wege wieder zurück in seine Klasse. Doch ein aufmerksamer Bürger hatte dies beobachtet.

Das gab ein Theater: Der gestrenge Schulvorstand forderte erbost einen Bericht über diesen unglaublichen Vorfall. Doch Lehrer Schüller schrieb ironisch:

Die Beschwerden stellen mich dar als einen nachlässigen, unmäßigen, streitsüchtigen und undankbaren Menschen. Die Zukunft wird mich sehen als einen fleißigen, mäßigen, soliden, sanften, friedfertigen und dankbaren Menschen.

Diese Antwort brachte den wohllöblichen Schulvorstand noch mehr in Rage, er verordnete dem Lehrer Schüller eine strenge Revision und die Vorlage eines ausführlichen Berichtes über seine Lehrertätigkeit in Hardt. Aber Schüller legte nur ein großes, fast leeres Blatt vor. Oben am Rand stand: In meiner Klasse sind 98 Kinder.

Jetzt forderte man die Entlassung des unbotmäßigen Lehrers und legte den Fall dem Schulinspektor vor. Aber was geschah ?

Dieser stellte sich auf die Seite des Lehrers. 98 Kinder in einer Klasse, jetzt wo in Preußen die allgemeine Schulpflicht eingeführt worden war. Unmöglich., nicht mehr zeitgemäß.

Baut die Schule aus und stellt einen weiteren Lehrer an !

Seit vielen Jahren schon war dem Landrat die Schule in Hardt ein Dorn im Auge. Er hielt den Hardter Gemeinderat für extrem rückständig und hatte immer wieder angemahnt, endlich einen zweiten Lehrer anzustellen, denn über 200 Schüler für den armen Lehrer Linden, das war einfach zuviel. Und jetzt, wo sie endlich einen zweiten Lehrer eingestellt hatten, wollten sie diesen gleich wieder entlassen, so ging das nicht.

So blieb Lehrer Schüller in Hardt und er erwies sich als ungemein tüchtig und einsatzfreudig. So richtete er hier u.a. für Jugendliche, die nicht lesen und schreiben konnten, eine Sonntagsschule ein, um ihre Lebens- Chancen zu verbessern und sie vom sonntäglichen Alkoholkonsum abzuhalten. Später ging Schüller als Schulleiter nach Waldhausen, wo er überaus beliebt war, einige Vereine gründete und sehr sehr alt wurde.

Aber zurück nach Hardt.

Die ständigen Mahnungen des Schulinspektors – seit 1850 immer drängender – endlich eine dritte Klasse einzurichten, machte in Hardt schon Eindruck.

Doch die Hardter hatten kein Geld.

Da kam ihnen der Zufall zu Hilfe, ein Ereignis, das sie schlitzohrig ausnutzten. Auch diese Geschichte hat Lehrer Grams wundervoll dramatisch für seine Schüler erzählt:

Der Küster Welters, der außerdem die heute noch bestehende Wirtschaft St. Nikolaus gegenüber der Kirche betrieb, richtete am Karfreitag 1854 gegen 2 Uhr den Altar in der 400 Jahre alten Vorgängerkirche unserer heutigen Pfarrkirche her, als er hinter sich ein Bersten und Krachen hörte. Da er aber zunächst keine Ursache sah, ergriff ihn kalte Angst vor einem bösen Geist, denn er war allein. Als das Geräusch stärker wurde, sah er plötzlich, wie die Wand sich auftat und er blickte durch die Wand hinaus ins Freie. Er rannte daraufhin, in der Meinung der Leibhaftige habe ihn heimgesucht, hinaus über den Markt bis zur Pastorat, so laut schreiend, dass die Bewohner des Dorfes zusammenliefen.

Die alte geborstene Kirche wurde sofort abgerissen, um größeren Schaden zu vermeiden. Aber ein abgelegenes Dorf ohne Sonntagsgottesdienst , auf Jahre hinaus, war undenkbar.

Der Erzbischof von Köln, zu dem die Hardter Pfarre damals gehörte, gab sofort Gelder für den Bau einer Notkirche für die Zeit des Übergangs bis zur Einweihung eines geplanten Neubaues. Und diese Gelder verwendeten die Hardter für den Ausbau der Schule an der Vorster Straße, einschließlich Lehrerwohnung im ersten Stock, so wie der Bau bis 1964 noch den älteren Hardtern in Erinnerung ist.

Während der mehrjährigen Bauzeit der neuen, unserer heutigen Pfarrkirche, wurde der Sonntagsgottesdienst in dieser Schule abgehalten. Die Türen aller drei Klassen wurden weit geöffnet, so dass die in den Klassen dicht gedrängt stehenden Gläubigen den Gottesdienst verfolgen konnten.

Durch diesen Erweiterungsbau wurde um 1860 die Situation der Hardter Schule allmählich besser. Genügend Lehrer kamen und gingen. Es wurden ruhige Jahre. Die ersten Lehrerinnen wurden eingestellt. Doch sie mussten ledig bleiben, mit der Ankündigung einer Heirat mussten sie sofort aus dem Dienst ausscheiden.

1868 kamen aufgrund einer großen Stiftung zweier Hardter Frauen, Mutter und Tochter Beyertz, Vinzentinerinnen nach Hardt und gründeten hier ein Hospital. Durch die Schwestern verbesserte sich zudem auch weiter die Schul-Raumsituation, denn diese bauten in ihrem Josefshaus an der Dülkener Straße, der heutigen Nikolausstraße, zwei Schulkassen, in denen die Hardter Mädchen unterrichtet wurden..

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts stieg die Kinderzahl dann infolge der Fortschritte in der Medizin und des Rückganges der Säuglingssterblichkeit stark an und näherte sich wieder einer Klassenstärke von 100 Schülern pro Klasse.

1898 kam, zum Glück für Hardt und die Hardter Schulen, Rektor Labbe nach Hardt, eine beeindruckende Persönlichkeit. Er prägte das gesellschaftliche Leben, gründete den Martinsverein, wurde ein anerkannter Heimatforscher, und er sorgte dafür, dass eine neue Schule an der Winkelner Straße, genau hier hinter uns, gebaut wurde.

1899 waren die ersten vier Klassen schon fertig. Da auch das Josefshaus von den Vinzentinerinnen zu dieser Zeit kräftig ausgebaut wurde, zogen nun auch die beiden Mädchenklassen von dort in die neue Schule an der Winkelner Straße.

Daher war auch sie bald . In den Folgejahren stieg die Kinderzahl so stark an, dass sogar – man glaubt es kaum – eine Klasse auf der Bühne des Saales Pauen ihren Platz finden musste.

Erst als 1908 das Schulgebäude um vier Klassen erweitert wurde, hatte die Schule in Hardt genügend Platz., zumal auch das alte Gebäude an der Vorster Straße noch zur Verfügung stand.

Und noch einmal – 1937 – wurde die Schule an der Winkelner Straße erweitert. Noch einmal kamen 4 Klassen hinzu, dazu Duschen und sogar eine Schulküche. Als Musterschule erhielt sie den Namen einer Nazigröße und hieß Herbert-Norkus-Schule. Es gibt heute noch viele Fotos : Mein erster Schultag, auf dem strahlende kleine Jungen und Mädchen mit hoffnungsvollem Blick in die Kamera schauen, die rechte Hand zum Hitlergruß erhoben. Welch beklemmender Anblick.

Jetzt endlich hatte auch die alte Schule an der Vorster Straße ausgedient, in die noch 1931 unser allseits beliebter Heimatfreund Gustav Hansen eingeschult wurde. Die alte Schule diente fortan als Turnhalle, als Soldatenlager und als Flüchtlingsunterkunft, bis sie 1964 abgerissen wurde und dort die schmucke Filiale der Stadtsparkasse entstand.

Nach dem 2. Weltkrieg begann für die Schule eine schwere Zeit. Obwohl in Hardt fast keine Zerstörungen durch Bomben zu beklagen waren, waren doch fast das gesamte Mobiliar, sowie Hefte, Bücher und Lehrmittel verschwunden. Es mangelte, insbesondere in der ersten Zeit, an Lehrern. Die Kinder wurden herangezogen zum Kartoffelkäfer- und Heilkräuter- Sammeln .

Viele waren hungrig und abgemagert. Für sie gab es – wie überall im Land – eine Schul-speisung, die in Hardt von den Schwestern im Kloster gekocht wurde und die im Gegensatz zur Speisung in der Stadt, die ich heute noch in schlechter Erinnerung habe, so schmackhaft war, dass fast alle Hardter Kinder, bis auf die Kinder der Bauern, daran teilnahmen.

Doch mit dem Wiederaufbau, der Währungsreform und dem Wirtschaftswunder verbesserte sich ungeahnt schnell die Situation der Volksschule. Es gab ausreichend viele Lehrer und Gelder. Es wurden gute Jahre.

Eine durchgreifende Änderung ergab sich 1968, als die Volksschule aufgespalten wurde in Grund- und Hauptschule. In diese Zeit fallen gewaltige finanzielle Aufwendungen für Schul-bauten, denn statt einer Schule, der Volksschule, mussten jetzt 2 Schulen, eine Grund- und eine Hauptschule zur Verfügung stehen.

So begann man in Hardt mit dem Neubau des Schulzentrums am Karrenweg. Zunächst mit dem Neubau der Grundschule.

Doch dies gestaltete sich unerwartet schwierig, und es drohte ein heftiger Streit in der Bevölkerung. Der Grund war folgender: Vor dem 2. Weltkrieg waren in Hardt fast alle Bewohner katholisch , und daher war folgerichtig auch die Volksschule eine katholische Volksschule.

Nach dem 2. Weltkrieg ließen sich viele protestantische Vertriebene hier nieder und noch einmal stieg die Zahl der Protestanten, als 1954 das Nato-Hauptquartier von Bad Oenhausen in den Hardter Wald verlegt wurde. So entstand in Hardt eine evangelische Gemeinde und auch eine evangelische Volksschule. Diese war im Kliewer Heim im Hardter Wald.

Sowohl die baulichen Verhältnisse als auch die Ausstattung der Schule dort waren äußerst dürftig, und als nun eine neue Grundschule gebaut wurde, musste endlich auch für die evangelischen Kinder eine zeitgemäße gute Schule entstehen.

Wer heute vom Karrenweg aus auf die Grundschule schaut, sieht, wie es gelöst wurde:

Links ein Bau mit 8 Klassenräumen, rechts ein Bau mit 8 Klassenräumen. Dazwischen die Verwaltung. Ein Schulleiterzimmer auf der einen Seite, ein Schulleiterzimmer auf der anderen. Kartenraum, Lehrmittelzimmer, Werkraum, alles doppelt und alles spiegelbildlich angelegt: Für eine katholische und für eine evangelische Grundschule.

Doch nach wenigen Jahren stellte sich heraus, dass die evangelische Grundschule einfach zu wenig Schüler hatte, weil der Anteil der Protestanten an der Hardter Bevölkerung nicht ausreichte, um die Schule zu füllen.

Lange hatte die kleine evangelische Grundschule gegen ihre Auflösung gekämpft. Auch eine Umwandlung in eine Gemeinschaftsgrundschule konnte ihr nicht mehr Schüler bringen.

Daraufhin setzten sich Vertreter beider Schulen freundschaftlich zusammen und überlegten was zu tun war. Alle Lösungen waren aus verfahrensrechtlichen Gründen äußerst schwierig und sowohl in der katholischen wie in der evangelischen Elternschaft mussten viele Vorbehalte überwunden werden.

Schließlich beschloss die evangelische Elternschaft die Auflösung ihrer Schule und den Anschluss an die katholische Grundschule. Die dadurch gewachsene katholische Grundschule führte dann eine geheime Abstimmung durch, die mit sehr großer Mehrheit zur Umwandlung der Schule in eine Gemeinschaftsgrundschule führte.

Gewiss ein komplizierter Weg, doch er gelang und so gibt es heute hier im Ort Hardt nur eine gut funktionierende Grundschule: Die Gemeinschaftsgrundschule Hardt.

In Hardt waren, als die Grundschulen 1967/68 gegründet wurden, in beiden Schulen zusammen 610 Schüler. Heute sind es noch 320 bei rückläufiger Tendenz und trotz reger Bautätigkeit in den vergangenen Jahren. Für die 16 schönen hellen Klassenräume gibt es jetzt nur noch 12 gebildete Klassen. So stark wirkt sich der Geburtenrückgang aus.

Für die Hauptschule ergaben sich bei der Gründung 1968 keine Probleme, denn sie wurde schon von Anfang an als Gemeinschaftshauptschule errichtet, und in dem zweckmäßigen, baulich ansprechenden Gebäude gab es hohe Anmeldezahlen. Die neue Hauptschule wurde hinter der Grundschule errichtet und damit damals das Schulzentrum komplettiert. Mit Schwimmhalle, Turn- und Gymnastikhalle, Bibliothek, Lehrküche, Werkräumen und Sportplatz. Die Schule erwarb sich bei der Gründung einen hervorragenden Ruf. Auch viele gute Schüler wählten damals Hauptschule und die Berufsaussichten für die Schulabgänger dieser Schulform waren gut.

Doch allmählich verloren die Hauptschulen an Ansehen und immer rascher sank ihre Wertschätzung in der Öffentlichkeit. Viele Hardter Eltern wählten für ihre Kinder andere Schulformen in der Stadt und besonders in Waldniel.

Eines Tages reichten die Schülerzahlen in Hardt nicht mehr aus, um notwendige Differenzierungen anzubieten und trotz hartem langem Kampf wurde die Hauptschule 1989 geschlossen.

Jetzt stand das schöne Gebäude leer. Was nun ? Nach gründlichen Debatten richtete man dann im ehemaligen Gebäude der Hauptschule die Gesamtschule ein. Die Eltern waren zuerst skeptisch, doch schon nach einem einzigen Schuljahr hatten Lehrer und in besonderem Maße der Schulleiter alle vom hohen Leistungsvermögen dieser Schule überzeugt. Heute ist diese Schule allgemein hoch geschätzt und muss Jahr für Jahr viele angemeldete Schüler an andere Schulen verweisen, weil einfach nicht genügend Platz da ist.

In mehreren Bauabschnitten wurde in der Folge auf dem großen unbebauten Feld neben der Schule am Karrenweg durch großzügige Neubauten mit Mensa, Forum, Fachräumen, Außenanlagen ein beeindruckendes Werk geschaffen. Für mich ist es die schönste Schule in Mönchengladbach und ich sehe immer voll Bewunderung, dass dort keine Verschmutzungen, wie aufgesprühte Parolen, zu finden sind.

Kommen wir noch einmal zum alten Gebäude der Volksschule an der Winkelner Straße. Wie ging es hier nach dem Ende der Volksschule weiter ?

Als vor 130 Jahren durch die schon erwähnte großherzige Stiftung Vinzenzschwestern nach Hardt kamen, bauten sie zunächst ein Krankenhaus, das sie aber um 1900 aufgaben und sie wählten dann als ihre Hauptaufgabe die Betreuung geistig behinderter Kinder und Jugendlicher. 1955 waren es 260. In Hardt war ein schönes bekanntes Bild, wenn die Schwestern mit ihren riesigen gestärkten weißen Flügelhauben mit ihren Jungen und Mädchen, hauptsächlich Jungen, durch den Ort spazierten.

Im Heim unterrichteten die Schwestern ihre Zöglinge und stellten fest, dass mehr als 15 in der Lage waren trotz ihrer Behinderung gut zu lernen.

So entstand in Hardt eine Hilfsschule, heute würde man sagen Sonderschule für Lern-behinderte, die – teilweise in Baracken – in der Volksschule untergebracht wurde. Vom Josefshaus bis zur Winkelner Straße waren es ja nur ein paar Schritte.

Als 1968 die Zeit der Volksschule zu Ende ging und das ganze Schulwesen neu geordnet wurde, differenzierte man auch das Hilfsschulwesen. Es entstanden neue spezielle Sonderschulen für verschiedene Behinderungen, so auch Sonderschulen für Geistigbehinderte.

So wurde die aus der Hilfsschule entstandene Sonderschule für Lernbehinderte in die Grundschule und später nach Holt verlagert und in dem Gebäude an der Winkelner Straße entstand die Schule für Geistigbehinderte, die heute noch dort ist. Diese arbeitet in engster Verbindung mit dem Josefshaus, woher auch die meisten Schüler kommen, aber sie steht auch allen anderen Kindern unserer Stadt offen. Diese Schule beeindruckt durch ihre pantomimischen Theateraufführungen und durch die künstlerische Gestaltung der Räume und Flure.

Im Hardter Wald im ehemaligen Genesungsheim entstand zur gleichen Zeit in Trägerschaft der Caritas eine weitere Sonderschule für Geistigbehinderte: Die Paul-Moor-Schule. Die Jahr für Jahr gewachsenen Außenanlagen rund um diese Schule, die mit einer echten alten Eisenbahnlok begannen, zeigen, welch lebendiger Geist hier zu Hause ist.

Und ganz in der Nähe dort, auf dem Gelände der Hardter-Wald-Klinik, im dichten Wald gut versteckt und nur für einen aufmerksamen Wanderer zu entdecken, liegen bauliche Reste einer ganz besonderen Schule: Der Waldschule.

Im Jugendstil, aus Holz erbaut ist das markanteste Gebäude eine offene Liegehalle. Ein ebenso hübsches Gebäude mit 2 Schulklassen hat vor einigen Jahren die Gesamtschule in bewundernswertem Einsatz restauriert.

Die Waldschule entstand um 1920, nach dem 1.Weltkrieg. In diesen kargen Jahren waren viele Kinder in der Stadt Gladbach unterernährt, kränklich und blass. Kuren im Schwarzwald oder im Harz waren nur für wenige erreichbar. Aber es gab ja hier die Waldschule.

Der Arzt verordnete eine 6-wöchige Schulkur dorthin. Die Kinder fuhren mit der Straßenbahn morgens bis Butzen und wurden dort abgeholt. Bei schönem Wetter draußen, bei schlechtem Wetter in den beiden Schulklassen wurden sie von Lehrern unterrichtet, bekamen ein nahrhaftes Essen, spielten ausgiebig im Wald und ruhten – einer Mode der damaligen Zeit entsprechend – auf harten Holzliegen in der frischen Luft. Am späten Nachmittag brachte man die Kinder wieder zur Straßenbahn und sie fuhren nach Hause.

Die Erfolge dieser Schule werden als beachtlich geschildert.

Als sich später die wirtschaftliche Lage und damit auch die allgemeine Gesundheit der Kinder verbesserte, lief die Schule langsam aus.

Hardter Schulen seit 200 Jahren, im Auf und Ab der Zeiten, in langer erfolgreicher Tradition.

Ich wünsche den Schulen verantwortungsbewusste, gute, freundliche Lehrer, Politiker, die den Stellenwert der Hardter Schulen schätzen und sie entsprechend fördern, viele Unterrichts- Erfolge und Gottes Segen.


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