Stadtteilnachrichten MG-West - Rheinische Post Nr. 52 - Freitag, 2. März 2001

Ein stolzes Jubiläum: Vor fast genau 200 Jahren wurde in Hardt die erste Schule eingeweiht

"Die Schul absolutement halten"

Ein stolzes Jubiläum für Hardt und besonders für die Hardter Schulen steht bevor. Am 30. März 1801, also fast genau vor 200 Jahren, wurde in Hardt die erste Schule eingeweiht. Um 1850, also 50 Jahre später, beschreibt Pfarrer Schlippes sie so:
"Von alters her lag im Dorf Hardt an der Kirche ein in Fachwerk aufgeführtes Gebäude. Obschon das Gebäude einstöckig war, wurde es doch auf der Südseite vom Küster bewohnt und im Norden in einem niedrigen Zimmer Schule gehalten." Diese kleine Schule stand dort, wo heute die Mariensäule steht. Unmittelbar dahinter schloss sich eine Barockkirche an, der kleine Vorgängerbau der heutigen Pfarrkirche St. Nikolaus.

An den Außenmauern des kleinen Kirchleins wurden auch die Toten begraben, einen separaten Friedhof gab damals noch nicht. Es waren um 1800 bewegte Zeiten. Die Eroberung Napoleons hatte auch Hardt nicht verschont und zu einem Teil Frankreichs gemacht. Wie überall in den jetzt französischen Dörfern am Niederrhein wurde auch in Hardt ein Freiheitsbaum gepflanzt, eine Kastanie auf dem Markt, dort wo heute die Volksbank ihre Niederlassung hat.


Ein jähzorniger Lehrer


Es ist schon bemerkenswert, dass die Hardter Bürger - es waren genau 899 - gerade zu dieser Zeit eine Schule erbauten. Sie mussten dies völlig aus eigenen Mitteln tun, denn öffentliche Gelder gab es von der französischen Verwaltung nicht. So ist es nicht verwunderlich, dass für die Einstellung eines Lehrers kein Geldmehr übrig war. Ein Nachbar aus Tomp, Leonard Albertz, der als Kind beim Pfarrer Lesen und Schreiben gelernt hatte, fand sich bereit, in der neuen Dorfschule zu unterrichten, wenn ihm die Eltern hierfür ein paar Stüber zahlten. Doch dies ging nur einige Jahre gut, denn Albertz war ein jähzorniger, aufbrausender Mann. 1809 musste der Adjoint (Bürgermeister) Dannewitz ihn entlassen.

Als er daraufhin in seinem eigenen Haus eine Art Privatschule eröffnete und viele Eltern ihre Kinder auch weiterhin zu ihm schickten, wurde ihm das Schulehalten grundsätzlich verboten. Der Küster, der keinerlei Lehrerausbildung hatte und nur ein wenig lesen und schreiben konnte, übernahm jetzt auch das Amt des Lehrers. Albertz reagierte wütend und beklagte sich: "Den 8ten dieses ist mir das Schul halten an meinem Hauß verbothen worden, welches Verboth mitgleich einem Donner Schlag durch Marck und Bein geschlagen. Ich muss die Schul absolutement halten um Arbeit zu haben, um dem Müßiggang zu entgehen, um ein Stück Brod zu verdienen."

Doch seine Beschwerde nützte nichts. Von nun an unterrichtete der Küster Peter Fausten alle Kinder in Hardt. Er heiratete und bekam acht Kinder. So gab es viele hungrige Münder zu stopfen. Zu seinem Glück war er von Beruf eigentlich Bäcker und so backte er im kleinen Schulhaus Brot, das er verkaufte. In einem angebauten Verschlag hielt er außerdem ein paar Schweine. Eines Nachts Im Jahre 1822 durchbrachen diese die morsche Wand, wühlten an der Kirchenmauer frische Gräber auf, scharrten Tote heraus, die man nach damaliger Sitte nur in ein Laken gewickelt hatte, und schob sie bis vor das Klassenzimmer.

Die Fölgen dieses Ereignisses erwiesen sich letztlich für den Ort als segensreich. Der Küster und Lehrer Peter Fausten musste mit seiner Familie Hardt verlassen. Nach diesem Eklat durfte er hier nicht mehr weiterarbeiten. Ein junger Lehrer aus Niederkrüchten mit Examen wurde eingestellt und noch im selben Jahr legte man einen neuen Friedhof an. Außerdem wurde beschlossen, das unzureichende Schulhaus durch einen Neubau zu ersetzen. Doch dies sollte noch zehn Jahre bis 1832 dauern, als endlich nach vielen Querelen an der Vorster Straße, dort wo heute die Sparkasse ist, eine zeitgemäße Schule bezogen werden konnte.    DIETER RODENBÜCHER


Entnommen aus der Rheinischen Post, Ausgabe Mönchengladbach, 2.März 2001

Zurück zur Info-Seite von St. Nikolaus Hardt.