Lokales - Rheinische Post - Donnerstag, 14. Februar 2008

Tomp: Explodieren die Kosten?

Unerwartete Wendung in der unendlichen Geschichte der Hardter Lärmschutzwand: Die Beiträge für Anwohner der Tomper Straße könnten sich verdreifachen. Verantwortlich dafür ist ein Satzungsfehler im Bebauungsplan.

Von DIETER WEBER
Hardts Bezirksvertreter wollten zu den Kosten der Lärmschutzwand nichts mehr hören: Deshalb setzte Bezirksvorsteherin Manuela Luhnen den Bebauungsplan Nr. 232/II nicht auf die Tagesordnung der jüngsten Sitzung (Ergänzung: die für den 7. Februar 2008 geplante Sitzung fiel daher aus).
Frei nach dem Motto: Wenn wir den Plan ignorieren, gibt es das Thema auch nicht. Doch das ist zu kurz gesprungen. Jetzt war der Plan mit allen möglichen bösen Folgen im Bauausschuss. Dabei wurde deutlich: Auf die Anwohner der Tomper Straße könnte die Hauptlast zukommen, wenn die rund eine Million teure Lärmschutzwand abgerechnet wird. Während andere Hauseigentümer sich vergnügt die Hände reiben, weil ihre Beiträge gestrichen werden, droht den Anliegern der Tomper Straße eine Verdreifachung der Gebühren. Wer bislang 5000 Euro zahlen soll, müsste dann 15000 Euro tragen.

Gericht verlangt Sicherheit

Wie kommt es zu dieser Kostenexplosion? Auslöser war ein Discounter am Tomper Weg, der erweitern wollte. Die Stadt genehmigte dies nicht, weil die Ausdehnung gegen das Einzelhandelskonzept verstößt und schädliche Auswirkungen auf das Hardter Zentrum vermuten ließ. Das Unternehmen klagte - aber ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht stimmte der Stadt Mönchengladbach zu. Es verlangte aber auch, im Bebauungsplan für Planungssicherheit zu sorgen.
Daraus entwickelte sich eine Geschichte, die haarsträbend ist. Denn alte Bebauungspläne - Nr. 232/II stammt von 1994 - weisen für so genante Mischgebiete (hier liegt es zwischen Tomper Weg und Tomphecke) aus, dass vorne an der Straße gewohnt wird und hinten das Gewerbe ist. Gewohnt wurde im Hardter Mischgebiet auf weniger als 50 Prozent der Fläche. Diese Gliederungsfolge mit den damit verbundenen Beschränkungen bei der Nutzung sehen Gerichte heute nicht mehr als vertretbar an. Sie fordern die Kommunen auf, diesen Satzungsfehler zu beheben.
Das ist normalerweise kein Problem. In Hardt kann es zu einem werden. Da viele Anwohner gegen die Gebühren klagen, könnten findige Anwälte im Verfahren, das für Anfang Mai beim Verwaltungsgericht Düsseldorf anberaumt ist, folgende Schlussfolgerung ziehen: Wenn es am Stichtag 14. Juli 2005 einen unwirksamen Bebauungsplan für den Bereich zwischen Tomper Weg und Tomphecke gab, dann müssen ihre Mandaten nicht für den Lärmschutz zahlen. Schließen sich die Richter dieser Meinung an, dann gelten als "Nutznießer" der Wand alle die Alt-Anlieger, deren Grundstücke am Stichtag rechtlich Baulandqualität hatten - und das sind vor allem die Anwohner der Tomper Straße. Sie sind beitragspflichtig, weil sie von einer Lärmminderung von mindestens drei Dezibel profitieren.
Da die Kosten aber unverändert bei rund einer Million Euro liegen, muss diese Summe auf weniger Menschen verteilt werden, die bei der Abrechnung herangezogen werden können. Als die Verwaltung eine Karte mit den Betroffenen zeigte, stöhnten die Baupolitiker auf. Sie wollen jetzt fraktionsintern beraten, wie weiter vorzugehen ist.

INFO

Lärmschutz-Geschichte

Die Wand: Die 750 Meter lange Lärmschutzwand ist an der A52
Falsche Zahl: 1995 war von einem Erdwall für 90.000 Mark die Rede
Dies ist falsch: Die Kosten liegen bei fast einer Million Euro.
Mehr zum Thema: unter www.rp-online.de/moenchengladbach

KOMMENTAR

So verschwindet auch das Restvertrauen

Was in Hardt abgeht, ist ein Schildbürgerstreich. Zunächst wurden den Anwohner mit 90.000 Mark für einen Erdwall viel zu niedrige Kosten präsentiert.
Dann, als die Volksseele wegen der tatsächlichen Belastung von einer Million Euro kochte, trat die Verwaltung auf und ließ Musterklagen zu. Und jetzt sieht es danach aus, als würden diese Klagen für einen noch größeren Verdruss sorgen - einige winden sich heraus, andere müssen deutlich mehr zahlen. Diese Hick-hack und diese fehlende klare Linie zerstören das Restvertrauen, machne Anwohner rebellisch und gefähren die Lösung des Problems.
Wenn es denn eine Lösung gibt. Gebeutelt sind die Tomper: durch die Autobahn, die Kosten einer ungeliebten Wand und vielleich bald durch den Eisernen Rhein. Leicht haben sie es nicht.
DIETER WEBER


Entnommen aus der Rheinischen Post, Ausgabe Mönchengladbach, 14. Februar 2008

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