Lokales - Rheinische Post - Mittwoch, 24. Juni 2009
Hardter Klagemauer
Von INGE SCHNETTLER
Erich Oberem wird nicht müde, für die Gerechtigkeit zu kämpfen.
Hartnäckig vertritt er die Interessen der Anwohner in Hardt, die für
die Lärmschutzanlage entlang der Autobahn 52 zwischen Nikolausstraße
und Tomper Straße zur Kasse gebeten wurden. "Es gibt Fälle, in
denen das, was rechtlich richtig ist, nicht mit dem Empfinden von Gerechtigkeit
übereinstimmt. Diesen Fall haben wir hier", sagt der FWG-Boss. So hat
er es dem Bauausschuss vorgetragen, so erklärt er es weiterhin der Verwaltung
und dem Rechtsamt der Stadt.
Kosten explodierten
Ursprünglich sollte der Lärmschutzwall am Wohngebiet Tomp in Hardt - dieses Kürzel
steht für das Gebiet zwischen Tomper Straße im Süden und der Nikolausstraße nördlich
der Autobahn 52 - 90.000 Mark kosten. Dann wurde eine 750 Meter lange Kombination
aus Lärmschutzwand und Wall daraus, und die Kosten stiegen exlposionsartig an -
auf fast eine Million Euro. Eine Summe, die die Anwohner mit tragen mussten.
"Es ist ein einmaliger Vorgang, dass die Alt-Bebauung mit veranlagt wird",
sagt Oberem. Er hat sich eingehend mit der Sache beschäftigt - und ist auf Unstimmigkeiten
und Fehler gestoßen. Er wird nicht müde, immer wieder darauf aufmerksam zu machen
und Nachbesserungen zu fordern.
In der jüngsten Sitzung des Bauausschusses wiederholte er seine Forderung an die
Stadt. Diese müsse das Geld an die Anwohner, die inzwischen den Rechtsweg beschritten
haben, zurückerstatten. Denn sie hätten es schließlich nicht verschuldet, dass
der Lärmschutz um das Zehnfache teuer geworden sei, als anfangs veranschlagt.
"Das lag einfach an den falschen Berechnungen", sagt Erich Oberem.
"Die überplante Fläche stellte sich schlicht und einfach als zu klein heraus,
um auf ihr einen Wall zu errichten."
Sein Argument, der Bebauungsplan für dieses Gebiet sei im Dezember 2008 vom Landgericht
für unwirksam erklärt worden, und damit sei Grund genug gegeben, die Beitragserhebungen
erneut zu prüfen, konterte Rechtsdezernent Dr. Michael Schmitz mit der Feststellung:
"Die Verwaltung hat bereits mehrfach ausführlich dargelegt, dass die Beitragserhebung
für die Lärmschutzanlage Tomp - bei allen Unebenheiten im Vollzug - zu Recht erfolgt."
Erich Oberem bleibt dabei: "Das Landgericht--Urteil muss Konsequenzen haben".
Erich Oberem ist niemand, der schnell aufgibt. Er wird weiterhin eine mutige Entscheidung
von der Stadt fordern. "Wenn die Anwendung von Gesetzen zu lebensfremden
Ergebnissen führt, ist etwas nicht richtig. Gesetze sollten ausschließlich dem
Wohl der Menschen dienen."
INFO
Tomper Lärmschutz
Schutz: Die Wand ist 750 Meter lang.
Verrechnet: 1995 war zunächst von einem Erdwall für 90.000 Mark
die Rede. Das erwies sich als falsch: Die Kosten liegen bei fast einer Million Euro.
Umlegung: Bis zu 53.000 Euro sollten einzelne Anwohner zahlen.
Mehr zum Thema: unter www.rp-online.de/moenchengladbach
KOMMENTAR
Auch in meinen Augen ist der Vorgang nicht nachvollziehbar. So hatte die Verwaltung
bei einer öffentlichen Sitzung der Bezirksvertretung versprochen die Anwohner
in einer Bürgerversammlung nach dem Gerichtsurteil zu informieren.
Passiert ist dies bis heute nicht.
Letztlich ist doch die Autobahn später als der Ortsteil Tomp gebaut worden und
damit "herangerückt". Nach dem Verursacher-Prinzip hätte also der
Bund als Eigentümer der Autobahn auch für die Kosten des Lärmschutzes
aufkommen müssen.
Und wenn die Verwaltung von 90.000 Mark ausgeht und nur diese Summe in der örtlichen
Bezirksvertretung zur Anhörung bringt, so muss die Stadt eben in letzter
Konsequenz die angefallenen Mehrkosten tragen. Selbst wenn die Unterlagen der Stadt
bei der Untersuchung durch einen Gutachter nicht mehr auffindbar (ein unglaublicher
Vorgang) waren und "nur" eine Kostenschätzung von 185.000 Mark
auffindbar war, so entsteht doch ein erheblicher Unterschiedsbetrag zu 900.000 Euro.
Ich bleibe dabei: die Mehrkosten muß in einem solchen Fall nicht der Anwohner
tragen. Aber dies ist wohl in Zeiten knapper Kassen eine utopische Vorstellung ...
Ralf Hennekes