Rheinische Post - Schwalmtal - Freitag, 22. August 2014
Festival im JHQ - ein Fluch oder ein Segen?
Viele Schwalmtaler, vor allem in den Sektionen Lüttelforst,
Hehler und Leloh, sind besorgt, dass eine Großveranstaltung im JHQ Rheindahlen
ihnen mehr Lärm und Verkehr beschert - und dass die Natur leiden könnte.
von Birgitta Ronge
Schwalmtal (RP).
Mehrere hundert Schwalmtaler Bürger fürchten, dass ein großes
Musikfestival im ehemaligen JHQ in Rheindahlen negative Auswirkungen auf die
Anwohner und die Natur haben könnte.
Unter dem Motto "Lebensqualität am JHQ" hat sich eine
Interessengemeinschaft gegründet, die zahlreiche Unterschriften gesammelt
hat - vor allem aus Lüttelforst, Leloh, Hehler, aber auch aus Fischeln
und von der Renneperstraße.
Mit den Unterschriftenlisten übergab die Interessengemeinschaft an den
Schwalmtaler Rat einen Antrag: Die Verwaltung werde aufgefordert, bei
Prüfungs- und Genehmigungsverfahren im Zuge der Festivalplanung vorrangig
den Schutz der Bürger und der Natur in Schwalmtal zu berücksichtigen.
Die Gemeinde solle ferner keine Genehmigung für Park- und Campingplätze
auf Schwalmtaler Gebiet erteilen, auch keine Sondergenehmigung für den
Versorgungs- und Produktionsverkehr.
Eine naturschutzrechtliche Befreiung für Veranstaltungen dürfe nicht
in Erwägung gezogen werden, und es sei sicherzustellen, dass die Stadt
Mönchengladbach und der Veranstalter die Besucherströme so regelten,
dass in Schwalmtal weder Anwohner noch die Natur in Mitleidenschaft gezogen
würden.
Einen ähnlichen Antrag hatte die FDP-Fraktion formuliert.
Darin heißt es unter anderem, der Rat möge es ablehnen, den
Anreiseverkehr und den Verkehr für den Auf- und Abbau des Festivals durch
Schwalmtals Dörfer zu führen, also zum Beispiel über die K 29
in Lüttelforst, die K 9 in Ungerath oder die L 3 (Rickelrather Straße)
und die Stadt Mönchengladbach und den Veranstalter auffordern, das Konzept
für das Festival mit der Gemeinde Schwalmtal und den Anwohnern abstimmen.
Letztlich einigte sich der Rat nun am Mittwochabend auf drei Punkte:
Der Rat beauftragte die Verwaltung, eine mögliche Genehmigung für
eine oder mehrere Konzertveranstaltungen zu prüfen.
Außerdem werde die Gemeinde Park- und Campingplätze in Schwalmtal
nicht genehmigen, und die Verwaltung werde den Planungsausschuss der Gemeinde
regelmäßig über den "Stand der Dinge" informieren.
Die übrigen Forderungen, die die Interessengemeinschaft und die FDP
gestellt hatten, lehnte der Rat ab.
Vorangegangen war dieser Entscheidung eine intensive Diskussion über die
Frage, ob ein großes Musikfestival im JHQ denn nun als Fluch oder Segen
zu betrachten ist. Die Ängste der Anwohner seien verständlich, so
der Tenor aus allen Fraktionen. Die Ängste beruhten auf mangelnder
Information und auf dem Gefühl, dass die Begeisterung für eine
solche Veranstaltung vielleicht auch bei Rat und Verwaltung dafür sorgen
könnte, das Projekt wohlwollend zu betrachten und entsprechend zu
genehmigen.
Doch das sei gar nicht möglich, man müsse sich an die Gesetze halten,
auch das wurde deutlich. Dass in den Medien das Festival schon bejubelt werde,
reiche nicht.
Planungsamtsleiter Bernd Gather stellte klar:
"Auch eine positive Berichterstattung befreit die Stadt Mönchengladbach
nicht davon, die Sache zu prüfen."
Ein Sprecher der Interessengemeinschaft "Lebensqualität am JHQ"
erklärte, man sei misstrauisch, ob nicht Fakten geschaffen würden
und der Bürger keine Möglichkeit habe, dazwischen zu gehen.
Diese Sorge äußerten nicht nur Schwalmtaler:
Inzwischen habe die Interessengemeinschaft auch Zuschriften von Mönchengladbachern
erhalten, die Großveranstaltungen im JHQ kritisch gegenüberstehen.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Thomas Paschmanns wies darauf hin, welche
Ängste die Einwohner in den betroffenen Schwalmtaler Sektionen in den
vergangenen Jahren schon durchgestanden hätten, als es um den Eisernen
Rhein oder die Abgrabungen ging.
Grünen-Chef Jürgen Heinen kritisierte die Stadt Mönchengladbach:
Dass es diese Irritationen gebe, hänge auch damit zusammen, dass die
Stadt nicht ein frühzeitiges Beteiligungsverfahren auf den Weg gebracht
habe - was man bei der Planung für eine solche Fläche tun sollte,
so Heinen.
Rat und Verwaltung in Schwalmtal sicherten den Einwohnern zu, alles nach Recht
und Gesetz zu prüfen - wenn die Pläne und Gutachten in
Mönchengladbach vorliegen.
Das sei aber noch nicht der Fall, sagte Bernd Gather.
So lange die Pläne nicht da sind, kann die Gemeindeverwaltung also nicht
der Frage nachgehen, wie die Anwohner in den benachbarten Sektionen etwa vor
Lärm geschützt werden könnten.
Man weiß zum Beispiel noch nicht, wie die Bühnen platziert werden
sollen. Man weiß nicht einmal, darauf wies Gather hin, ob der
Eigentümer des JHQ (die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben)
überhaupt der Veranstaltung zustimmt.
Gather: "Wir können doch erst in die Materie einsteigen, wenn wir
vernünftige Daten haben."
Vielleicht erfährt Schwalmtals Bürgermeister Michael Pesch mehr:
Er trifft sich in der kommenden Woche mit Mönchengladbachs Oberbürgermeister
Hans Wilhelm Reiners.
Einige Ratsmitglieder hoben hervor, dass sie einem Festival auf dem
JHQ-Gelände durchaus positiv gegenüber stehen - wenn die
Rahmenbedingungen stimmen.
Alles müsse rechtlich geprüft werden.
Doch man dürfe nicht immer darüber jammern, dass für
Jugendliche nichts angeboten werde, und dann solch ein Festival
grundsätzlich zurückweisen, sagte der SPD-Vorsitzende Dr.
Marco Kuhn - auch das gehöre für ihn zu einer familienfreundlichen
Gemeinde.
FDP-Fraktionschef Hans-Dieter Heinrichs sagte, auch seine Fraktion
begrüße das Festival.
Fraktionskollege Wilhelm Klawitter bekräftigte: "Gegen das Festival
haben wir überhaupt nichts."
Allerdings hätte die Gemeinde Schwalmtal die Planungen in
Mönchengladbach viel früher kommentieren müssen und nicht sagen
dürfen:
"Ja, ja, da ist noch nichts entschieden."
Das sei keine Bürgerinformation, das sei, als würde man dem
Bürger sagen: "Kümmer' dich nicht drum."
Die Verwaltung sicherte zu, neue Erkenntnisse auf der Internetseite der
Gemeinde zu veröffentlichen, um die Bürger auf dem Laufenden zu
halten.