Rheinische Post - Mönchengladbacher Stadtpost - Dienstag, 7. Dezember 2021

Anwohner filmen Geldautomaten-Sprenger

In der Nacht von Sonntag auf Montag ist ein Bankautomat der Stadtsparkasse in Mönchengladbach-Hardt gesprengt worden. Ein Video von Nachbarn könnte der Polizei helfen. Was darin zu sehen ist und wie weit die Ermittlungen sind.


von Carsten Pfarr

Mönchengladbach (RP). Der Knall zweier Detonationen hat Mönchengladbacher in der Nacht zum Montag aus dem Schlaf gerissen. Gegen 2.15 Uhr haben bislang unbekannte Täter einen Geldautomaten der Stadtsparkassen-Filiale an der Vorster Straße gesprengt und sind im Anschluss unerkannt, aber ohne Beute geflohen. Das meldete die Polizei. Bis zum Nachmittag stellte sich kein Ermittlungserfolg ein, wie ein Sprecher auf Anfrage bestätigte. Die Ermittlungen dauern demnach an, die Täter sind weiter flüchtig.

Es gibt aber erste Hinweise aus der Bevölkerung. Dazu gehört auch ein Video, das unserer Redaktion vorliegt und das zeitweise in den sozialen Medien geteilt wurde. Die Aufnahmen sind von Anwohnern angefertigt worden und zeigen, was kurz nach der Sprengung an der Vorster Straße passiert ist – und wie zwei Tatverdächtige aus der Bank kommen und mit einem hochmotorisierten Fahrzeug fliehen.

Zunächst zeigen die Videoaufnahmen die verrauchte Stadtsparkassen-Filiale. Der Dunst steigt durch die zersplitterten Fenster in den Nachthimmel. Ein silbernes oder graues Fahrzeug steht schräg auf der Straße. Das Vorder- und das Rücklicht leuchten. Dann erklingt mehrfach und penetrant eine Hupe. Zwei maskierte Personen stürmen durch eines der zerbrochenen Fenster der Filiale auf den Bürgersteig. Sie tragen dunkle Kleidung und jeweils eine schwarze Umhängetasche. Einer der beiden mutmaßlichen Täter trägt zudem eine Stirnlampe am Kopf und eine Taschenlampe in der Hand. Die beiden Personen laufen zum Fahrzeug und steigen ein. Unverständliche Rufe sind zu hören – dann drückt der Fahrer des Autos aufs Gas. Leicht schliddernd rast der hörbar hochmotorisierte Wagen davon, über die Vorster Straße in Richtung Hardter Landstraße, also in Fahrtrichtung der Mönchengladbacher Innenstadt.

Wie die Polizei am Montagmorgen in einer Pressemitteilung meldete, soll es sich bei dem Fluchtfahrzeug um einen BMW oder Audi mit silberner oder grauer Lackierung handeln. "Zahlreiche Bürger" hätten die Polizei aufgrund der lauten Detonation alarmiert. Auch die Urheberin des Videos gab in selbigen an, der Polizei den Vorfall gemeldet zu haben. Als die Beamten vor Ort waren, waren die Täter bereits verschwunden. Zeugen gaben der Polizei gegenüber an, drei tatverdächtige Personen gesehen zu haben.

Am Nachmittag meldete die Polizei zudem, dass ein Hinweis aus Viersen-Süchteln mit der Tat in Hardt in Verbindung gebracht wurde. Gegen 2.34 Uhr beobachtete ein Zeuge im Bereich Hindenburgstraße/Westring in Viersen ein Auto, das von der Beschreibung her dem Täterfahrzeug entspricht. Dieses fuhr über Rot in den Westring ein. Die weitere Fahrstrecke ist unbekannt. Nach ersten Ermittlungen handelte es sich bei dem am verdächtigen Auto abgelesenen Kennzeichen (mit Ortskennung Viersen – also VIE) um ein gestohlenes Nummernschild.

Die Videoaufnahmen der Flucht bezeichnete ein Polizeisprecher als "schönes Beweisstück". Weiter erklärte der Sprecher, dass Geldautomaten-Sprengungen dieser Art "hochprofessionellen Tätergruppierungen" zuzuordnen seien. Solche Täter schlugen auch in Hardt schon zu: Im Frühjahr 2020 wurde zwei Mal der Geldautomat der Volksbank an der Vorster Straße gesprengt.

Die Spurensuche und -sicherung durch Beamte der Kriminaltechnik dauerten am Montag bis zum Nachmittag. Im Einsatz waren auch Spezialisten vom Landeskriminalamt NRW. Im Rahmen der Ermittlungen am Tatort stellte sich heraus, dass die Täter mit der Sprengung keine Beute machen konnten. "Sie verließen den Tatort ohne Beute", meldete die Polizei.

Nach der Tat wurde die Vorster Straße im Tatortbereich vorübergehend gesperrt. Unter anderem musste der Bürgersteig durch die Straßenreinigung der Mags von den unzähligen Splittern der Scheiben befreit werden. Auch die Feuerwehr war im Einsatz. Außerdem wurde ein Statiker hinzugezogen. Denn das Gebäude in dem sich die Sparkassen-Filiale befindet, dient auch als Wohnhaus. Infolge der Sprengung wurde das Gebäude beschädigt. Der Statiker musste abklären, ob das Haus weiter gefahrlos bewohnt werden kann. Dies wurde bereits am Montagmorgen bestätigt.

Zeugen werden gebeten, sich mit sachdienlichen Hinweisen zur Tat oder der Flucht unter Tel. 02161 290 bei der Polizei zu melden.


Wie eine Anwohnerin die Geldautomaten-Sprengung erlebte

Geistesgegenwärtig hat Hanna B. die Täter bei der Flucht gefilmt. Die Polizei hat etliche Hinweise erhalten, die Sparkasse lobt jetzt eine Belohnung aus.


von Carsten Pfarr

Mönchengladbach (RP). "So etwas erlebt man auch nicht jeden Tag", sagt Hanna B. mit Blick auf die Nacht von Sonntag auf Montag. Die junge Frau ist vom lauten Knall der Detonation in der nahegelegenen Stadtsparkassen-Filiale geweckt worden. Unbekannte hatten dort einen Geldautomaten aufgesprengt.

"Mein Freund und ich, wir sind aufgeschreckt und sofort auf den Balkon gelaufen", berichtet B. im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Filiale sei völlig zerstört gewesen. "Ich habe dann sofort die Polizei gerufen", führt die Zeugin aus. B. war nicht die einzige, die geistesgegenwärtig sofort den Notruf wählte. Zahlreiche Anwohner alarmierten die Polizei. B. aber ging noch weiter: Die junge Frau zückte ihr Smartphone und filmte das Geschehen. Im Video ist zu sehen, wie ein schräg Auto auf der Straße steht und wie zwei Maskierte mit Umhängetaschen aus der Filiale stürmen, nachdem ein lautes Hupen zu hören ist. Die mutmaßlichen Täter steigen in das Auto ein, Rufe sind zu hören und der Wagen rast davon.

"Es hat sich irgendwie angefühlt, wie in einem Film", sagt die Zeugin. Sie habe einfach mit der Kamera draufgehalten und gefilmt, was passiert ist. Von dem Schauspiel selbst habe sie kaum die Augen abwenden können. "Angst hatte ich nicht. Solche Täter haben es vor allem auf das Geld abgesehen", sagt Hanna B., die aber zugibt, völlig adrenalingeladen gewesen zu sein. "Die Nacht konnte ich kaum schlafen."

Und auch die folgenden zwei Tage waren aufregend, sagt die Anwohnerin. Nicht, aber wegen der Straftat selbst. "Mit so etwas habe ich irgendwie gerechnet, wo die Bank doch so nah ist", sagt die Zeugin. Mehr Trubel erlebte sie, weil das Video, das nie für die Veröffentlichung bestimmt war, seinen Weg ins Internet gefunden hat. Dort wird es – zum Beispiel in den sozialen Medien – eifrig geteilt. Die Anwohnerin ist zwar die Urheberin, hochgeladen aber hat sie es nach eigenen Angaben nicht. Gleichwohl erlaubt sie jetzt, dass das Video in den Medien veröffentlicht werden darf.

Die Polizei gab derweil am Dienstagnachmittag an, dass die Ermittlungen "weiter auf Hochtouren" laufen. Mehr als 30 Hinweise seien bereits eingegangen – auch aufgrund des in den sozialen Medien geteilten Videos der Flucht der Täter samt Fahrzeug. Ferner würden "die Spurenauswertungen und -untersuchungen im Bereich der Kriminaltechnik fortgesetzt", hieß es von der Polizei in einer Meldung. Am Montag stellte sich heraus, dass die Täter keine Beute machen konnten.

Gleichwohl hat die Sparkasse eine Belohnung ausgelobt. Die Polizei meldet dazu, "dass die Stadtsparkasse Mönchengladbach unter Ausschluss des Rechtsweges eine Belohnung in Höhe von 10.000 Euro für Hinweise aussetzt, die zur Tatklärung und Ergreifung der Täter führen". Die Filiale in Hardt bleibt auf unbestimmte Zeit geschlossen. Der Schaden ist immens.

Die Polizei sucht weiterhin Zeugen, die sachdienliche Hinweise geben können. Bei dem Fluchtfahrzeug soll es sich um einen BMW oder Audi (silberfarben oder grau lackiert) mit einem gestohlenen Nummernschild (Ortskennung Viersen, also VIE) handeln. Zeugen wollen drei Tatverdächtige gesehen haben. Hinweise nimmt die Polizei telefonisch unter 02161 290 entgegen.



Entnommen aus der Rheinischen Post, Ausgabe Mönchengladbach, 7. Dezember 2021



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