Rheinische Post - Mönchengladbach - Samstag, 25. März 2023

"Bombe - da ist man erst einmal geschockt"

Drohungen an Schulen ziehen Nachahmer an. Das zeigen nicht nur die Amokankündigungen in Mönchengladbach im Februar. Doch auch für Täter kann es unangenehm und gefährlich werden.


von Gabi Peters und Carsten Pfarr

Hardt (RP). Die Nachricht erreichte viele Eltern und Schüler am frühen Freitagmorgen. Um kurz nach 6 Uhr wurden reihenweise E-Mails und WhatsApp-Botschaften von Klassenlehrern und Elternvertretern verschickt: Im Schulzentrum Hardt ist schon wieder eine Drohung eingegangen. Der Unterricht fällt deshalb am Freitag und Samstag komplett aus.

Es war die zweite Hiobsbotschaft innerhalb von nicht einmal 24 Stunden. Am Donnerstag, 23. März, waren die Grundschule und die Gesamtschule Hardt wegen einer Bombendrohung evakuiert worden. Bis die Schüler von ihren Eltern abgeholt werden konnten, dauerte es zum Teil lange. Einige Mütter und Väter sprachen von den "schlimmsten Stunden ihres Lebens". Andere waren da gelassener. "Bombe - da ist man erst einmal geschockt. Aber ich bin nicht in Panik geraten. Es gibt ja viele solche Fälle, und meistens wird nichts gefunden", berichtet die Mutter einer zwölfjährigen Schülerin der Gesamtschule Hardt, die ihren Namen in der Öffentlichkeit nicht nennen möchte. Aber Sorgen mache man sich doch, sagt sie.

Am Donnerstagmorgen hatte die Mutter eine WhatsApp ihrer Tochter erhalten. Die Zwölfjährige berichtete darin, dass sie gerade Pause habe, aber den Unterrichtsraum nicht verlassen dürfe. Warum? Das wussten Mutter, Tochter und deren Klassenkameraden zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Am Donnerstag hatte es wegen einer Bombendrohung einen Polizei-Großeinsatz im Schulzentrum am Vossenbäumchen gegeben. Mehr als 1300 Schüler mussten aus der potenziellen Gefahrenzone gebracht werden. Sprengstoff war entgegen der Ankündigung nicht in den Schulen deponiert worden. Die Suche mit Spürhunden verlief negativ. Kaum war der Polizeieinsatz beendet, folgte die nächste Drohung. Was der Täter ankündigte und wie er es vermittelte, wollte und will die Polizei nicht verraten - "aus ermittlungstaktischen Gründen".

Am Freitag, 24. März, musste kein Gebäude evakuiert werden. Eltern wie Schülern blieb die Ungewissheit und das lange Warten erspart. Die Meldung, dass sich Polizei und die Schulleitungen in einer gemeinsamen Abstimmung entschieden haben, dass die Schulen am Freitag und Samstag, 24. und 25. März, vorsorglich geschlossen bleiben, kam vor Schulbeginn.

"Auch wenn am Donnerstag nichts gefunden wurde, kann ich die Entscheidung gut nachvollziehen, den Unterricht ausfallen zu lassen", sagt die Mutter der Zwölfjährigen. Dass der Schulbetrieb am Montag wieder aufgenommen werden soll, heißt sie ebenfalls gut. "Ich gehe davon aus, dass die Drohung von jemandem kam, der die große Bühne suchte." Angst habe sie nicht, ihre Tochter auch nicht. "Sie war am Donnerstagnachmittag erschöpft und müde, weil es ja doch aufregende Stunden waren. Aber sie hat das ganz gut weggesteckt. Es war ja auch immer jemand da, der sich um die Schüler kümmerte", berichtet die Mutter.

Polizeibeamte waren auch am Freitag an den leeren Schulgebäuden im Einsatz – für weitere Ermittlungen, aber auch als Ansprechpartner für Eltern und Schüler, die aus irgendwelchen Gründen nichts von der vorsorglichen Schließung der Schulen mitbekommen hatten.

Die Polizei Mönchengladbach ermittelt nun in alle Richtungen. Auch ob es ein neues Phänomen auf Internet-Plattformen gibt: In Kärnten in Österreich hatte es vor Kurzem innerhalb von nur zwei Wochen 16 Bombendrohungen an Schulen gegeben. Die erste Tat hatte offenbar so viele zur Nachahmung animiert, dass die Medien bei ihren Berichterstattungen dazu übergingen, immer wieder Warnungen zu veröffentlichen. Sie klärten darüber auf, welche Folgen Bombendrohungen für die Täter haben - von hohen Zahlungen für die Polizeieinsätze über Schulausschlüssen bis zu mehrjährigen Haftstrafen.

Die Krefelder Polizei stellte gerade Kostenpflichtiger Inhalt einem 16-Jährigen knapp 38.000 Euro in Rechnung. Er soll im Januar einen Amoklauf an einem Krefelder Gymnasium angekündigt haben. Für seine Drohung, so ergaben die Ermittlungen der Polizei, hatte er den E-Mail-Account eines Krefelder Schülers geknackt und unter dessen Adresse seine gefährliche Botschaft verschickt. Die Polizei kam dem tatverdächtigen Jungen aus Baden-Württemberg dennoch auf die Schliche und forderte von ihm die Kosten des Polizeieinsatzes zurück.

Auch in Mönchengladbach ist im Februar ein 14-Jähriger nach einer Amokdrohung als Tatverdächtiger ermittelt worden. Auch in diesem Zusammenhang hatte es Kostenpflichtiger Inhalt eine ganze Serie von ähnlich gelagerten Drohungen gegeben.

In Kärnten konnten bislang drei Tatverdächtige ermittelt werden. Auch dort hatte es Großeinsätze und Evakuierungen gegeben. Und: In keinem Fall war Sprengstoff gefunden worden.

Am Schulzentrum Hardt werden auch am Montagmorgen, 27. März, wenn die Schule beginnt, wieder Polizisten Präsenz zeigen. "Wir wollen Ansprechpartner sein und dafür sorgen, dass sich Schüler und Eltern sicher fühlen", sagt eine Polizeisprecherin. Auch wenn die Polizei nach umfangreichen Ermittlungen, die auch noch weiter andauern, die Situation so bewertet, "dass keine reale Gefahrenlage für die Schülerinnen und Schüler und die beiden Schulen zu erwarten ist". Den bisherigen Ermittlungen und der polizeilichen Bewertung zufolge lägen keine konkreten Gefährdungserkenntnisse vor, versicherte die Polizeisprecherin.

Hier geht es zur Bilderstrecke: So lief der Einsatz zur Bombendrohung in Hardt



Entnommen aus der Rheinischen Post, Ausgabe Mönchengladbach, 25. März 2023



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