Rheinische Post Nr. ??? - Montag, ??. Juni 1957


Hardter Frühkirmes wie ehedem

Einweihung der Siedlung Luckenbäumchen -- Parade am Kirschbaum


M.GLADBACH-HARDT. Von weither ertönte Trommelklang, als am Samstagnachmittag die Nachbarschaft die letzten Handgriffe an der Königsburg tat. Als ob der Wald in den Ort gekommen wäre, so haben sich die Hardter Straßen in grüne Alleen verandelt. Die uneigennützige Hilfsbereitschaft der Nachbarschaften kommt bei solchen Anlässen, wie bei der Prunk, besonders zur Entfaltung. Tage vorher hatten Burschen und Mädchen Grün aus dem Wald geholt und zu Kränzen und Girlanden gewunden, wobei muntere Lieder und fröhliche Scherze die Arbeit zum Vergnügen machten.

So vorbereitet, entstanden dann am Samstagnmachmittag in wenigen Stunden Triumphpforten und Lauben, mit bunten Fahnen geschmückt. Trotz des begrentzen Raumes, der mit Rücksicht auf den Straßenverkehr nur zur Verfügung stand, wurde Peter III. eine Laube hingezaubert, die sich sehen lassen kann. Elektrische Beleuchtung sortg dafür, daß die schöne Ausschmückung des Königshauses auch in der Dunkelheit voll zur Geltung kommt. Während Mädchen noch die letzten Rosen banden, nahte vom Tomp her schon der Schützenzug. Der riesige Maibaum von fast 30 Meter Länge lag buntgeschmückt auf Böcken. Ein kurzes Kommando und, von einer Zugmaschine gewunden, erhob sich spielend der Riese in wenigen Minuten zu seiner vollen Größe. Der "Große Zapfenstreich" und das Deutschlandlied gaben dem Mairichten Sinn und Abschluß. Wie es Brauch ist, zog der Zug dreimal um den Maien und dann in den festlich geschmückten Ort. Eine große Zuschauermenge hatte sich zu dem altbekannten und doch immer wieder gern gesehenen Bruach eingefunden. Das herrliche Wetter tat das seinige dazu, so daß auch in später Stunde in den Lokalen noch lebhafter Betrieb herrschte.
Schon früh am Sonntagmorgen lockten Hörnerklang und Trommelwirbel die noch müden Prünker wieder aus den Federn. Gegen 8 Uhr begann das Sammeln des Festzuges, der um 9 Uhr beim feierlichen Hochamt für die St.-Nikolaus-Bruderschaft die Kirche füllte. Die anschließende Pfarrprozession bot mit den bunten Uniformen und den feierlich schwarzen Anzügen ein prächtiges Bild. In dem von Schützenoffizieren mit gezogenem Degen gestellten Ehrengeleit des Allerheiligsten kommt so recht die ursprüngliche Bedeutung der Bruderschaft als Schutzgarde der katholischen Kirche symbolhaft zur Geltung. Nach dem Hochamt trugen zwei Offiziere einen Kranz unter den Klängen des Liedes vom guten Kameraden in die Kriegergedächtniskapelle der Pfarrkirche.

Zwölf Familienheime

Dann setzte sich der Zug zur neuen Siedlung in Marsch. Pfarrer Sommerhäuser begrüßte die vielen Gäste, an ihrer Spitze den Domkapitular Prälat Dr. theol. Johannes Schümmer und Oberbürgermeister Maubach, sowie Propst und Dechant Kauff, Pfarrer Hermanspahn und Pater Willibrod, den Bezirksrat, den Kirchenvorstand und die Nikolaus-Bruderschaft, die dem Weiheakt mit ihrem Aufgebot einen prächtigen Rahmen stellte. Pfarrer Sommerhäuser dankte allen, die zum Bau dieses sozialen Werkes beigetragen haben. Vom Beschluß des Kirchenvorstandes von 1948, sechs Morgen Kirchenland zu diesem Zweck zur Verfügung zu stellen, bis zum heutigen Tage sei ein langer und dornenvoller Weg gewesen. Durch die Tatkraft aller Beteiligten sei mit Gottes Hilfe das schöne Werk gelungen. Dank galt auch den Architekten der diözesanen gemeinnützigen Siedlungsgemeinschaft Aachen, Rißmeyer.
Nach einem Leidvortrag des Kirchenchores "Cäcilia" "Nur ihm die Ehre" betrat Domkapitular Dr. theol. Schümmer das Podium. Er überbrachte die Grüße und Wünsche des verhinderten Bischofs und erflehte Gottes Segen auf diese neuen zwölf Häuser und ihre Bewohner. Die soziale Familienwohnung solle ausstrahlen bis in die Volksgemeinschaft. Gemeinsam sprach die Versammlung das Vater Unser. Zwei Kinder der neuen Siedler, Annemarie und Josef, trugen in Hardter Mundart ein nettes Gedicht vor, das in launiger Weise die Mühen und Arbeit der Siedler schilderte. Oberbürgermeister Maubach dankte im Namen der Stadtverwaltung für die große Hilfe, die von kirchlicher Seite im Wohnungsbau der Stadt geleistet wurde, wobei er den von Pfarrer Sommerhäuser etwas gekitzelten Amtsschimmel in launiger Weise in Schutz nahm.
Dann schritt Prälat Dr. Schümmer von Haus zu Haus und spendete den kirchlichen Segen. Heiß schien die Sonne auf die Teilnehmer und entlockte manchen Schweißtropfen bei der schneidigen Parade am Kirschbaum.
Schon die ersten Nachmittagsstunden brachten einen großen Fremdenstrom nach Hardt, der bis zum Abend anhielt. Die Omnibusse konnten den Andrang nicht bewältigen. Auf der Straße und in den Lokalen Menschen über Menschen. Das richtige Kirmeswetter erzeugte auch den entsprechenden Durst.
Heute ist die große Königsparade auf der Winkelner Straße, die den Höhepunkt der drei Tage bilden wird.



Entnommen aus der Rheinischen Post, Ausgabe Mönchengladbach, Montag, (?) Juni 1957
Leihgabe aus Hardter Pfarrarchiv, März 2000 (4)

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