Rheinische Post Nr. ??? - ??, 6. Dezember 1988
Im Kirchenschatz der Pfarre St. Nikolaus Hardt ist eine Nikolaus-Reliquie, für
deren Silbereinfassung vor 130 Jahren die Bruderschaft sorgte. RP-Foto:Tressat
Mit seiner List hatte Pfarrer Schlippes einen vollen Erfolg: Er drohte den Mitgliedern
der St.Nikolausbruderschaft, eine wertvolle Nikolaus-Reliquie nicht mehr aufzustellen.
Das war vor mehr als 130 Jahren. Der Pfarrers mahnende Worte jagten den Bruderschaftlern
einen gehörigen Schrecken ein. Sie, die sich Jahre zuvor bereit erklärt
hatten, für einen neuen Silbermantel zu sorgen, aber das notwendige Geld nicht
schnell genug zusammenbrachten, mußten sich sputen. Es dauerte nicht lange,
da luden die Brudermeister Boecker, Thoenißen, Bivartz und Stapper den Pfarrer
zu ersten Gesprächen beim Viersener Goldarbeiter Anton Hamm ein: Am 6. Dezember
1858, heute vor 130 Jahren, bestaunten dann viele Gläubige die Reliquie in
ihrer prachtvollen Silberfassung.
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Auf diese kleine Geschichte stieß Dieter Rodenbücher, der Leiter der
Katholischen Grundschule Hardt ist, bei seinen Recherchen über den Ursprung
der wertvollen Nikolaus-Reliquie. Sie enthält, alter Überlieferung gemäß,
einen Teil vom Finger des Heiligen Nikolaus von Myra. In der Pfarrchronik erzählte
Pfarrer Schlippes vor 130 Jahren von der Legende, wonach dem jugendlichen Kaiser
Otto III. diese Reliquie um das Jahr 1000 aus Konstantinopel geschenkt wurde.
Otto III. reichte sie weiter an die Abtei in Brauweiler. Von dort kam sie im Laufe
der Jahre zur Gladbacher Abtei. Vermutlich um das Jahr 1770 herum - zu jener Zeit
unterhielten die Hardter Pfarrer gute Beziehungen zur Gladbacher Abtei - gelangte
das kostbare Andenken zur St. Nikolaus-Pfarre. "Vielleicht entstand damals
die Redeweise: Am 6. Dezember komme der Nikolaus von Hardt her geritten",
vermutet Rodenbücher.
Für die Hardter war der vor 130 (Jahren) erteilte Auftrag beim Viersener
Goldarbeiter Anton Hamm im übrigen ein gutes Geschäft: Er gab für
den Silberwert der alten Einfassung, die in einem wenig guten Zustand war, 62
Taler heraus. Noch heute beeindruckt die feine Arbeit: Hinter einer runden Glasscheibe
sehen die Gläubigen einen kleinen silbernen Finger, in dessem hohlem Inneren
die Reliquie ruht. Die Inschrift des Reliquiars erinnert an die Stifter. "Teil
vom Finger des Hl. Nikolaus, auf Kosten der Bruderschaft aufs Neue renoviert und
ausgeschmückt unter Pfarrer Schlippes am 6. Dezember 1858", heißt
es da mit lateinischen Worten.