Aachener Zeitung - Donnerstag, 19. Februar 2015

Neuer Anlauf für den Eisernen Rhein

Der Eiserne Rhein ist eines der drängendsten Verkehrsprojekte Nordrhein-Westfalens. Die Güterbahnlinie, die Antwerpen und das Ruhrgebiet auf dem kürzesten Wege verbindet, wird seit 1992 nicht mehr genutzt. Das soll sich ändern, fordern Wirtschaftsverbände wie die Industrie- und Handelskammer schon seit Jahren.

von Madeleine Gullert

Aachener Zeitung. "Eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur ist für die Wettbewerbsfähigkeit der Aachener Region und des ganzen Rheinlandes von zentraler Bedeutung", sagt Monika Frohn, bei der Industrie- und Handelskammer Aachen zuständig für den Bereich Verkehr.

Auch das NRW-Verkehrsministerium sieht es neben der Betuwe-Linie und dem Rhein-Ruhr-Express als wichtigstes Bahnprojekt. Deshalb hat das Ministerium den Eisernen Rhein für den Bundesverkehrswegeplan 2015 angemeldet, und zwar in der Kategorie "Vordringlicher Bedarf plus". Der Plan, den das Bundesverkehrsministerium derzeit erarbeitet, bildet die Grundlage für die Entwicklung und den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur des Bundes.


Alte Strecke liegt brach

In diesem Plan werden sich laut einem Experten aus dem NRW-Verkehrsministerium drei Varianten für den Eisernen Rhein finden. Es gibt auf der einen Seite die ursprüngliche, die historische Trasse direkt an Wegberg vorbei und dann die Trasse entlang der Autobahn 52, die das NRW-Verkehrsministerium bevorzugt. Kürzlich ist eine dritte Variante aufgetaucht. Im Bundesverkehrsministerium selbst erstellte man eine Alternativroute. Alle drei Strecken werden geprüft, schlussendlich entscheidet sich der Bund für eine Variante. Das ist aber erst für 2016 vorgesehen.

Insbesondere die Güterverkehrsleistung im Rheinland wird in den kommenden zehn Jahren um 60 Prozent steigen und damit auch die Anforderungen an die Infrastruktur, erklärt Frohn die Bedeutung des Eisernen Rheins. Die Aachener Region sei aufgrund der geografischen Lage zu den großen Nordseehäfen Zeebrügge, Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen besonders betroffen von diesen Steigerungen. "Der Güterverkehr wird hier überproportional zunehmen", sagt Frohn – auf der Straße um mehr als 120 Prozent. Es müsse deshalb zu einer deutlichen Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf das Binnenschiff und die Schiene kommen. Doch das wird dauern.

Die alte Strecke des Eisernen Rheins kann zurzeit nicht genutzt werden, weil ein Teilstück der Gleise fehlt, sagt Jens Petershöfer vom NRW-Verkehrsministerium. Diese historische Strecke führt von Antwerpen über Roermond und Dalheim bis nach Mönchengladbach. Sie ist 160 Kilometer lang. Die Route des NRW-Verkehrsministeriums würde parallel zur A 52 verlaufen. Bei Viersen würde die Route in schon bestehende Schienen übergehen. Die "Bundesvariante" führt bis nach Venlo und dann bei Kaldenkirchen über die Grenze. Dort gibt es bereits eine eingleisige Strecke.

Warum die Reaktivierung des Eisernen Rhein überhaupt so problematisch ist? Die historische Strecke führt an der niederländisch-deutschen Grenze durch das Naturschutzgebiet De Meinweg. Umweltschützer äußern deshalb Bedenken gegen eine Reaktivierung. Zudem gibt es viele Anwohner auch in Wegberg in direkter Nähe zu der Trasse, die sich wehren wollen.


Protest in Mönchengladbach

Der Charme der A-52-Variante besteht darin, dass keine Städte betroffen sind – bis Viersen. "Viersen ist in jeder Variante betroffen", sagt Petershöfer. Bei der Bundesidee müsste die sogenannte Viersener Kurve gebaut werden. "Die Trasse führt durch die Innenstadt, an Schulen vorbei, durch Baugebiet – da würde der Lärmschutz sehr teuer und wäre städtebaulich verträglich nur durch einen Tunnel möglich", sagt Petershöfer. Anwohner in Mönchengladbach und Kommunalpolitiker fürchten Lärm von Güterzügen und wollen sich gegen diese Variante ebenfalls wehren, sollte sie gewählt werden.

Zurzeit läuft der Güterverkehr von Antwerpen nach NRW über die sogenannte Montzenroute – von Tongeren nach Aachen-West. "Die Kapazität auf dieser Schienenstrecke ist erschöpft. Insbesondere das fehlende dritte Gleis zwischen Aachen und Köln führt zu Kapazitätsengpässen, und kleinste Behinderung haben große Verspätungen im Taktgefüge zur Folge", sagt Frohn.

Die südliche Trasse Aachen-Düren müsse dringend ausgebaut werden, bis der Eiserne Rhein reaktiviert ist, hatte auch das NRW-Verkehrsministerium mehrfach gefordert. Wenn der Bund sich 2016 für eine Variante für den Eisernen Rhein entscheidet – höchstwahrscheinlich nicht die historische Variante –, kann es laut Experten noch mindestens zehn bis 15 Jahre dauern, bis die Züge wieder über die Strecke rollen.


Entnommen aus Aachener Zeitung, 19. Februar 2015

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