Rheinische Post - Dienstag, 24. Juli 2007

Widerstand gegen Bahntrasse?

Der Eiserne Rhein wühlt Hardts Bürger auf. Sie sprechen am Mittwoch darüber, wie sie zur angedachten Güterzug-Strecke stehen. Wird sie an der A 52 verwirklicht, rollen die Züge direkt an Hardt vorbei.

VON DIETER WEBER
Als die Alternativstrecke für den Eisernen Rhein entlang der A52 erstmals in Gesprächen auftauchte, da gingen einige Nachbarn von Herbert Zenzes gleich auf die Barrikaden. "Bei ihnen schwingt sehr viel Furcht mit", sagt der 50-jährige Hardter. Die Angst ist nicht unbegründet: Wird der Plan verwirklicht, die zunächst südlich der Autobahn 52 verlaufende Strecke für Güterzüge irgendwo zwischen Autobahnabfahrt Hardt und der Ortschaft Winkeln auf die nördliche Autobahnseite zu verlegen, kommen auf Zenzes und seine Nachbarn von der Tomper Straße erhebliche Belastungen zu. Es könnte laut werden. Sehr laut. Für den morgigen Mittwoch hat Zenzes deshalb alle eingeladen, die vom neuen Trassenvorschlag betroffen sind. "Es wollen auch Betroffene aus Niederkrüchten und Schwalmtal kommen. Das Interesse ist ziemlich groß", sagt der Organisator des Treffens (20 Uhr, Gaststätte Nikolaus an der Hardter Kirche).

RP-Skizze Eiserner Rhein

Den Konsens suchen

Zenzes selbst hält sich in seiner Einladung bewusst zurück und möchte sich nicht gleich in die Ecke der Gegner gedrängt sehen. Es gehe nicht, immer überall "Nein" zu sagen und alles Neue gleich abzulehnen: "Sonst säßen wir heute noch am Lagerfeuer." Zenzes will mitreden können und gefragt sein, wenn es ans Eingemachte geht und die vorgeschlagene Streckenführung sich als die herausstellt, die verwirklicht wird. "Und da ich weiß, dass wir nicht automatisch informiert werden, müssen wir von Anfang die Initiative ergreifen", sagt er. Zenzes selbst ist ein gebranntes Kind: Er gehört zu den Bürgern, die sich beim Bau einer Lärmschutzwand an der A 52 von der Gladbacher Stadtverwaltung desinformiert fühlten. "Seitdem weiß ich, wie wichtig es ist, mit am Tisch zu sitzen", sagt der Hauptschulrektor.
Dabei strebt er einen Konsens an und will ausloten, wie wirtschaftliche Interessen mit denen der in Streckennähe lebenden Bürger in Einklang zu bringen sind. "Es gibt zahlreiche Beispiele in Frankreich, aber auch in Deutschland, die beweisen, dass es technisch möglich ist, die Züge flüsterleise verkehren zu lassen. Man kann die Strecken tiefer legen, Lärmschutzwände bauen und sie landschaftlich gut verstecken", sagt er. Sollte die morgige Versammlung allerdings der Meinung sein, es helfe nur strikter Widerstand, dann werde er sich dagegen auch nicht sperren: "Aber ansonsten sollten wir immer das Gespräch suchen."
Das will auch Hardts Bezirksvorsteherin Manuela Luhnen (CDU), die gestern an ihren Parteifreund NRW-Landesminister Oliver Wittke geschrieben und auf die für Hardt zu erwartenden Probleme hingewiesen hat. Sie fordert ihn auf, weitere alternative Streckenführungen zu prüfen und weist ihn auf die Initiative von Bürgern hin, die - so Luhnen - gegen die "Variante A52" protestieren wollen.

INFO

Strecke: Es müssen mehr als 32 Kilometer Bahnstrecke und etliche Brücken gebaut werden.
Finanzierung: Es ist nicht klar, wie die Strecke finanziert werden soll.
Niederlande: Bürgermeister von 21 Städten und Gemeinden zwischen Arcen und Roermond lehnen die neue Streckenführung ab.
Venlo: Die Niederländer wollen die Strecke unbedingt durch die Grenzstadt führen.

KOMMENTAR

Wichtig ist jetzt der Fuß in der Tür
Es ist grundverkehrt, in Panik zu verfallen und kreischende und ratternde Güterzüge vor dem geistigen Auge am Wohnzimmerfenster vorbei fahren zu sehen. Ob der Eiserne Rhein kommt, ist längst nicht klar, weil die Niederländer, die einen Teil der Trasse bauen müssen, kaum Interesse an dieser Güterzug-Verbindung zwischen dem belgischen Antwerpen und dem Ruhrgebiet haben. Wann womöglich die ersten Gleise verlegt werden, steht noch nicht fest - vielleicht in 15 oder 20 Jahren.
Deshalb ist die Haltung der Hardter richtig, die das erste Treffen organisieren. Es gilt den Fuß in der Tür zu haben, um als ernst genommene Partner die Planung mitgestalten zu können. Und wenn die Entscheidung für die A52-Trasse dann doch fallen sollte, ist es wichtig, im Dialog das Beste aus der Situation herauszuholen. Kommunikation ist das Schlüsselwort für diesen Prozess, eine stumpfe Verweigerungshaltung bringt nicht weiter. Denn wer die Segnungen dieser Gesellschaft in Anspruch nimmt, kann nicht umgekehrt die damit verbundenen Probleme anderen aufhalsen wollen.


Entnommen aus der Rheinischen Post, Ausgabe Mönchengladbach, 24. Juli 2007

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