Rheinische Post - Freitag, 27. Juli 2007
Hardter Ängste vor Bahn und Fluglärm
VON DIETER WEBER
Zehn Mails hatte der Hardter Herbert Zenzes verschickt. Tenor: "Was passiert,
wenn die Strecke des Eisernen Rheins direkt an unseren Häusern vorbeiführt?"
Der 50-Jährige gab darin gleich einen Termin für einen Gedankenaustausch
bekannt. Als er am Mittwochabend mit Köfferchen, Beamer und Computer den
Saal der Gaststätte St. Nikolaus in Hardt betrat, da war Zenzes "platt".
Rund 100 Bürger warteten auf ihn, ließen sich von ihm informieren und
bildeten am Ende eine Arbeitsgruppe, die sich weiter mit dem Thema beschäftigt.
Seit das neue Gutachten zur möglichen neuen Bahntrasse bekannt ist, kocht
die Volksseele in Hardt hoch. Nicht nur hier. Denn NRW-Verkehrsminister Oliver
Wittke macht keinen Hehl daraus, dass er für den Eisernen Rhein eine Route
entlang der Autobahn 52 bevorzugt.
Und die berührt nicht nur Hardt, sondern auch Wohnsiedlungen in Neuwerk,
Schwalmtal und
Niederkrüchten.
Betroffene aus Nachbarkommunen waren deshalb ebenfalls Zenzes' Einladung gefolgt.
"Nur gemeinsam können wir etwas ausrichten und bewegen", so hieß es.
Ein Knackpunkt der möglichen Strecke liegt in Hardt: Hier sollen voraussichtlich
mehr als 60 Güterzüge täglich von der nördlichen auf die südliche
Seite der A52 wechseln - und das wird irgendwo zwischen der Autobahn-Abfahrt Hardt
und dem Ortsteil Winkeln sein.
Wenn am Mittwochabend eine Abstimmung erfolgt wäre, hätte es ein klares
Ergebnis gegeben: Kaum jemand will die Bahntrasse in seiner Nachbarschaft haben.
Doch es gab nachdenkliche Aussagen, und auch Zenzes selbst will sich nicht gleich
in die Ecke potenzieller Gegner gedrängt sehen: "Ich möchte mit
am Tisch sitzen und Entscheidungen beeinflussen können. Man kann nicht alles
ablehnen, sonst säßen wir noch am Lagerfeuer."
Zustimmendes Nicken gab's immer dann, wenn Alternativrouten vorgestellt wurden:
etwa die historische Eiserner-Rhein-Strecke an Wegberg und Rheindahlen vorbei.
Oder der Vorschlag der Nierderländer, die Trasse an der A40 zu bauen. Tatsache
ist: Bei allen möglichen Routen donnern die Züge nicht im Niemandsland,
sondern an Wohnhäusern vorbei - das Problem würde also nur verlagert.
Sorgen machen sich die Betroffenen der A52-Lösung, dass die Wahl auf diese
Route fallen könnte, weil so der Militärflugplatz in Elmpt
per Güterzug angesteuert werden könnte. Die Engländer werden ihn
in einigen Jahren freigeben. Dann hätten die Anlieger der favorisierten
Eisernen-Rhein-Strecke zwei Lärmquellen - vor der Haustür und direkt
über ihren Hausdächern.