Rheinische Post - Lokales für Viersen, Brüggen, Nettetal, Niederkrüchten, Schwalmtal - Donnerstag, 29. November 2007
Widerstand im Grenzland
VON LUDGER PETERS
Schwalmtals Bürgermeister Schulz will gegen den Eisernen Rhein an der A 52
Kräfte aus Politik, Verwaltung und Bürgerschaft bündeln. Die Kreis-SPD
kritisiert eine überfallartige Attacke. Roermond befürwortet die Trasse nicht.
Die Landesregierung in Düsseldorf muss sich auf hartnäckigen Widerstand
entlang der anvisierten Neubaustrecke des Eisernen Rheins einstellen. Schwalmtals
Bürgermeister Reinhold Schulz kündigte gestern gegenüber der
Rheinischen Post die Bildung eines Arbeitskreises an, in dem Politik, Verwaltung
und Vertreter aus der Bürgerschaft ihre Interessen einbringen sollten.
"Wir werden querschießen, wo wir können", drohte Schulz,
der sich hintergangen fühlt.
"Sowohl die Gemeinden entlang der Trasse als auch die Bürger hatten
weder sachlich noch fachlich die Chance, sich einzubringen. Dass die Regierungsfraktionen
sich für die Trasse entlang der A 52 entschieden haben, ehe sie die erforderlichen
Unterlagen einsehen konnten, ist völlig unverständlich", so Schulz.
Verärgert ist er darüber, dass weder er noch Landtagsabgeordneter Dr.
Stefan Berger Antworten auf ihre Briefe an Verkehrsminister Wittke erhalten haben.
Nicht nur Schulz beunruhigt die plötzliche Eile von CDU und FDP im Landtag.
Der SPD-Kreisvorsitzende Udo Schiefner kündigte gestern an, Kontakt zu den
Gemeinden aufzunehmen, um die Lage zu sondieren. "Wir werden diese Variante
nicht verhindern können, aber jeden Widerstand unterstützen. Man darf
nicht gegen die Menschen einer ganzen Region ein Verfahren einleiten, das zu einem
Zeitpunkt unumkehrbar ist, zu dem die Bürger sich äußern können."
Schiefner warf den Landtagsfraktionen von CDU und FDP vor, "überfallartig
Fakten zu schaffen, damit diejenigen, die sich konstruktiv damit beschäftigen
könnten, von vornherein ausgeschlossen sind". Die Frage nach dem Grund
der plötzlichen Eile konnten weder der FDP-Landtagsabgeordnete Dietmar Brockes
noch sein CDU-Kollege Dr. Stefan Berger beantworten. Berger hatte sogar gegen
den Antrag gestimmt.
CDU und FDP fordern auch Lärmschutz an der neuen wie an bestehenden Bahnstrecken
im Verlauf des Eisernen Rheins. Der vorgebliche Kostenvorteil gegenüber der
A 40-Variante könnte damit vorzeitig verloren gehen.
Auf niederländischer Seite will man sich zurücklehnen und alles weitere
abwarten. Sinnvoll sei allenfalls ein internationales Verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung
in Belgien, Niederlande und Deutschland.
Aufmerksam beobachtet wird der Vorgang in den Niederlanden. Roermonds Beigeordneter
Gerard IJff, Sprecher des Gemeindebündnisses gegen den Eisernen Rhein, wies
auf die negative Bewertung auch der A 52-Trasse in eigenen Untersuchungen hin.
Die Aktivitäten in Düsseldorf befreien die Niederländer aber vom
Druck des Internationalen Schiedsgerichts in Den Haag: Danach sind die Niederlande
vertraglich verpflichtet, die historische Trasse den Belgiern zu öffnen.
Dadurch, dass NRW-Minister Wittke dies kategorisch ablehnt, fehlt den Belgiern
unversehens ihr Druckmittel. Sie haben keinen Vertrag mit Deutschland.
"Das macht den Eisernen Rhein endlich zu einem internationalen Thema",
so IJffs Sprecher. Das heiße aber nicht, dass die Niederländer mit
einer A 52-Trasse einverstanden seien. Festlegen lasse man sich zum jetzigen
Zeitpunkt auf gar keine Strecke.
Was treibt CDU und FDP in Düsseldorf dazu, sich übereilt für den
Eisernen Rhein entlang der A 52 auszusprechen? Es gibt keinen Zeitdruck, das
versprochene Folgegutachten zur ersten Untersuchung liegt nicht vor. Minister
Wittke wird in den Verdacht des Wortbruchs gegenüber den Bürgermeistern
und Bürgern gedrängt. Niemand hat untersucht, ob die A 52-Trasse inklusive
Lärmschutz in Mönchengladbach, Viersen, Anrath und Krefeld noch preisgünstiger
ist als die teuer gerechnete A 40-Trasse. Der Verdacht der Gefälligkeitspolitik
gegen die A 40 und für die CDU-Granden im Kreis Kleve, Finanzminister Helmut
Linssen und CDU-General Ronald Pofalla hat ebenfalls neue Nahrung erhalten. Der
Bitte um eine Stellungnahme ist CDU-Kreisvorsitzende Dr. Marcus Optendrenk gestern
nicht nachgekommen. In seiner Partei brennt der Baum, angezündet in Düsseldorf.
Die FDP ist mit ihrer Wählerschaft da bestimmt schmerzfrei.
LUDGER PETERS