Rheinische Post - Lokales für Viersen, Brüggen, Nettetal, Niederkrüchten, Schwalmtal - Donnerstag, 13. Dezember 2007
Demokratie sieht anders aus
VON HELGA SEIFERT
Die Diskussion zum Eisernen Rhein nimmt schärfere Form an. Die Bitte des
Schwalmtaler Bürgermeisters an den Landtag, die Kommunen stärker einzubinden,
hatte eine Kommunistenschelte eines SPD-Politikers zur Folge.
Die Schwalmtaler Ratsfraktionen schätzen die Situation nüchtern ein:
Auf deutscher Seite ist die Realisierung des Eisernen Rheins angesichts des zunehmenden
Güterverkehrs in den nächsten Jahren wohl nicht mehr zu verhindern.
Nach dem Beschluss des Landtags vergangene Woche, die Planung für die Trassenführung
entlang der A 52 zügig fortzuführen, geht es jetzt um "Schadensminderung",
erklärte Bürgermeister Reinhold Schulz am Dienstagabend im Rat. Der
sprach sich einstimmig für die Gründung eines Arbeitskreises "Eisener
Rhein" aus, in dem neben Vertretern aller Fraktionen auch Bürger aus
betroffenen Gemeindegebieten mitarbeiten sollen. Die erste Sitzung des Arbeitskreises
findet bereits kommende Woche statt. "Auf Landesebene ist alles in Windeseile
gegangen. Deshalb sollten auch wir uns schnell aufstellen", argumentierte
Schulz. Der Bürgermeister äußerte erneut sein Unverständnis
über die Eile, mit der die A 52-Variante im grenzüberschreitenden Schienengüterverkehr
vorangetrieben wird: "Mir ist es lieber, die Leute zu überzeugen, statt
sie zu überrumpeln."
Schulz stellte klar, dass Schwalmtal nicht gegen eine sachgerechte Diskussion
zum Eisernen Rhein sei, "was bisher gelaufen ist, war aber alles andere".
Ein schriftlicher Appell des Bürgermeisters an die Landtagsabgeordneten,
vor einem Beschluss die betroffenen Kommunen einzubeziehen, blieb wirkungslos,
führte aber in der Landtagssitzung am Freitag zum Eklat. Auf den Hinweis
des fraktionslosen Abgeordneten Rüdiger Sagel, Schulz' Ansinnen sei ja vielleicht
sinnvoll, erklärte der SPD-Landespolitiker Bodo Wißen in Anspielung
auf Sagels linke politische Gesinnung: "Ich weiß nicht, wie hoch der
Stimmenanteil der Kommunisten im Rat in Schwalmtal ist."
Die Schwalmtaler SPD distanzierte sich in der Ratssitzung von den Äußerungen
ihres Landtagsabgeordneten. Fraktionssprecher Christian Pesch bat darum, das weitere
Vorgehen nicht an einer Stimme festzumachen: "Wir müssen eine einseitige
Strecke ohne Strom verhindern." FDP-Ratsherr Dr. Bernd Simonis plädierte
nicht nur für Schadensminderung: "Wir sollten positive Dinge einfordern.
Alle betroffenen Kommunen und der Kreis Viersen sollten klarstellen, dass der Eiserne
Rhein keine Strecke für reinen Durchgangsverkehr sein kann, sondern Nutzen
für die Städte und Gemeinde haben muss."
Die Grünen äußerten die Sorge, dass der Schienenstrang, so er
denn kommt, eine reine Transitstrecke wird. Dem pflichtete CDU-Fraktionschef Lothar
Höckendorf bei: "Leider sind wir nicht Entscheidungsbehörde. Jetzt
müssen wir das Bestmögliche herausholen."
VON JOCHEN SMETS
Mit der Gründung eines Arbeitskreises will der Rat der Gemeinde Niederkrüchten
aktiv in die Diskussion um den Eisernen Rhein und eine Folgenutzung des Militärflughafens
eingreifen. Entsprechende Anträge der CDU und der Grünen griff der Rat
auf und beschloss einstimmig die Einrichtung eines solchen Gremiums. Über
dessen Besetzung soll der Ältestenrat Anfang 2008 beraten. Grünen-Chefin
Marianne Lipp schwebt ein breit aufgestelltes Gremium vor, dem neben Politikern
und Verwaltungsfachleuten auch Landwirte, betroffene Anwohner und Mitglieder der
Bürgerinitiative
"Nein - A 52 Eiserner Rhein"
angehören könnten.
Speziell im Hinblick auf das Militärgelände, das die Briten demnächst
aufgeben, hält die CDU zudem die Gründung einer Entwicklungsgesellschaft
für denkbar. Eine solche gab es schon einmal: In den 90-er Jahren wurde die
Entwicklungsgesellschaft Flughafen Elmpt (EFE) aus der Taufe gehoben, um Szenarien
für eine Folgenutzung nach dem Abzug der Royal Air Force im Jahr 2002 zu
entwickeln. Vom Eisernen Rhein war damals noch nicht die Rede, im Vordergrund
stand seinerzeit die Frage nach einer fliegerischen oder nicht-fliegerischen
Anschlussnutzung. Als die Briten dann aber eine Fernmeldeeinheit auf das Militärgelände
verlegten, waren die EFE und die von ihr entwickelten Szenarien einstweilen passé.
Klar wurde im Rat, dass alle Fraktionen im Hinblick auf den Eisernen Rhein und
die Zukunft des Flughafens dringenden Handlungsbedarf sehen. Marianne Lipp kritisierte
die frühzeitige Festlegung der Landesregierung auf die A52-Trasse. "Wir
müssen uns deutlicher positionieren", forderte Wilhelm Mankau (SPD).
Dazu soll der Arbeitskreis beitragen, den auch Franz Jansen (CDU), Ernst-Rudolf
Wirths (FDP) und Ulrich Lachmann (CWG) ausdrücklich begrüßten.
Bürgermeister Herbert Winzen zeigte sich im RP-Gespräch verärgert
über die Informationspolitik von Verkehrsminister Oliver Wittke: "Entgegen
seiner Ankündigung hat er nichts unternommen, um die Gemeinden mitzunehmen."