Rheinische Post - Lokales für Viersen, Brüggen, Nettetal, Niederkrüchten, Schwalmtal - Mittwoch, 2. Januar 2008
Ein Kreis im Widerstand
VON LUDGER PETERS
Seit Sommer hält der "Eiserne Rhein" die Bürger im Kreis Viersen
fest im Griff. Kurz vor Weihnachten stellte der Landtag die Weichen für die
Planung entlang der A52. Das Vorhaben wird das Jahr 2008 bestimmen.
Vor einem Jahr war der "Eiserne Rhein" nur Insidern im Kreis Viersen
ein Begriff. Das änderte sich spätestens im Frühjahr, als die Rheinische
Post vorab exklusiv über den Plan von NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke
berichtete, eine neue Güterbahnstrecke an der A 52 entlang zwischen der Grenze
bei Elmpt und Viersen zu bauen. Der CDU-Politiker präsentierte eine lange
unter Verschluss gehaltene Studie erst nach der Parlamentswahl in Belgien. Das
Vorhaben überdeckt seither die Tagespolitik im Kreis Viersen. Und es wird
die Bürger, Verwaltungsfachleute und Politiker auf allen Ebenen in diesem
Jahr in Atem halten.
Minister Wittke strebt im gestreckten Galopp seinem Ziel entgegen, Grundlagen
und Fakten für konkrete Verhandlungen der Bundesregierung mit Niederlande
und Belgien zu liefern. Nie zuvor hat es im Kreis Viersen allerdings so viel Aufruhr
in der Bevölkerung gegeben. Von Niederkrüchten über Schwalmtal
und Viersen bis Willich formiert sich der Widerstand. Die Bürgerinitiative
"Nein A52 Eiserner Rhein"
wirft dem Minister vor, ein Willkür-Gutachten in Auftrag gegeben zu haben,
das von vornherein auf das Ziel A52 lossteuerte und Alternativen nie ernsthaft
prüfte. Der Landtag habe sich vorführen lassen. Die Autobahnverbindung
zwischen Düsseldorf und Roermond, die den Gemeinden im Südwesten des
Kreises Bevölkerungszuwachs und gewerbliche Neuansiedlungen bescherte, wendet
sich aus ihrer Sicht nun gegen sie: Sie dient als infrastrukturelle Basis für
ein Gütergleis, das Antwerpen und deutschen Rheinhäfen verbinden soll.
Dass der "Eiserne Rhein" für die globale Wirtschaft eine unverzichtbare
Transportader ist, ist unbestritten. Doch nicht nur der Husarenritt des Ministers
und die von den Bürgern harsch kritisierte und so empfundene Kapitulation
des gesamten Landtags vor Wittke, sondern auch die Furcht, der ehemalige RAF-Flughafen
in Elmpt werde durch die Hintertür reaktiviert, wenn die Briten abgezogen
sind, mobilisiert die Bürger. Sie glauben Wittkes angeblicher Garantie nicht,
der Flughafen werde nicht mehr in Betrieb genommen. Die Gemeinde Niederkrüchten
ködert Wittke mit der Idee, das Gelände in ein Frachtzentrum umzuwandeln.
Der Minister hat aus Sicht der Bürger bereits Wortbruch begangen: Im Juli
versprach er ein transparentes Verfahren und die aktive Beteiligung der Bürger.
Im Dezember paukte das Parlament einen Beschluss durch, in dem der integrale Lärmschutz
als politische Energieleistung gefeiert wurde. Bis auf den Schwalmtaler Landtagsabgeordneten
Dr. Stefan Berger wehrte sich aber niemand generell gegen die A52-Trasse. Sie
wird ohne Zweifel kommen. Alle weiteren in Auftrag gegebenen Studien dienen nur
diesem einen Zweck.