Rheinische Post - Lokales für Viersen, Brüggen, Nettetal, Niederkrüchten, Schwalmtal - Donnerstag, 21. Februar 2008
Eiserner Rhein: Auf "irrsinnigem Weg"
VON LUDGER PETERS
Kreis Viersen
Der Planungsausschuss des Kreises pocht auf Lärmschutz an Neubau- und Altstrecken
des Eisernen Rheins. Belgier und Niederländer scheinen sich schnell mit Berlin
einigen zu wollen. Ein Logistik-Gutachten gibt es nicht.
Heute treffen in Den Haag der niederländische Ministerpräsident Balkenende
und sein neuer flämischer Kollege Kris Peeters erstmals zu Gesprächen
zusammen. Beobachter in Belgien sind sicher, dass auch der Eiserne Rhein, die
Güterverkehrsstrecke von Antwerpen an den Rhein, die beiden Politiker beschäftigen
wird.
Zumindest auf niederländischer Seite gibt es Bewegung. Verkehrsminister Camiel
Eurlings schrieb kurz vor Weihnachten dem Parlament, dass er die in Bürgerinitiativen
heiß diskutierte Variante entlang der A 67 und A 40 (über Eindhoven,
Venlo nach Duisburg) mit 7 Milliarden Euro auf niederländischer Seite für
viel zu teuer betrachtet. Das Land NRW habe diese Alternative ohnehin bereits
gestrichen.
Logistikknotenpunkt Venlo
Bemerkenswert ist, dass Eurlings die Route Antwerpen-Duisburg als reine Durchgangsstrecke
betrachtet. Der Logistikknotenpunkt Venlo werde selbst dann, wenn der Eiserne
Rhein über Venlo führe, kaum einen Vorteil haben. Der Minister erwartet,
dass alle Züge auf der Strecke durchfahren ohne anzuhalten. So könnten
sich Belgien, Niederlande und Deutschland viel schneller als erwartet auf den
Vorschlag einigen, den die Landesregierung mit dem Neubau entlang der A 52 unterbreitet
hat. Bereits bis Mitte März wird Eurlings möglicherweise dem Parlament
entsprechende Informationen geben.
Die Grünen im Kreis Viersen hat dies alarmiert. Im Planungs-, Umwelt- und
Verkehrsausschuss des Kreistags schlug Marianne Lipp daher jetzt vor, finanzielle
Vorkehrungen zu treffen. Die Grünen wollen damit erwartete Rechtsauseinandersetzungren
gegen Planung und Bau der neuen Trasse zwischen Grenze und Viersen unterstützen.
Auf Initiative der CDU lehnte der Ausschuss dagegen den Vorschlag der Kreisverwaltung
ab, ein Gutachten über die Chancen eines Logistikzentrums auf dem Flughafen
bei Elmpt in Auftrag zu geben. "Wenn wir damit anfangen, dann klingt das,
als hätten wir uns mit den Plänen abgefunden", erklärte Fritz
Meies. Allerdings gibt sich niemand einer Illusion hin. Dieter Hehnen (CDU) ist
überzeugt, dass "das Land des Thema als politisch abgeschlossen betrachtet.
Daher müssen wir dem Bund und der DB AG klar machen, dass sie mit heftigstem
Widerstand aus dieser Region rechnen müssen, wenn der Lärmschutz auf
neuen und auf Altstrecken nicht in dem Umfang verwirklicht wird, den wir erwarten".
Dass auf dem "irrsinnigen Weg der A 52-Variante" (Udo Schiefner, SPD)
bisher "nichts Gescheites geplant" (Marianne Lipp) worden ist, scheint
unstrittig zu sein. Die Leiterin des Kreisplanungsamtes, Christa Eicher, ließ
keinen Zweifel daran, dass sie unter einer "vertiefenden Studie" qualitativ
etwas anderes versteht als das, was IVV dem Land bisher geliefert hat.
KOMMENTAR
Spannend wird es beim Bezahlen
Vom lockeren Trab geht es jetzt in den gestreckten Galopp zwischen Brüssel,
Den Haag und Berlin. Man gibt sich überall sehr zielstrebig, um in trinationalen
Verhandlungen den goldenen Weg auf Schienen zwischen Antwerpen und den Rheinhäfen
zu finden. Aber es gibt einige Stolpersteine unterwegs, die so klein nicht sind.
Belgien wird weiterhin darauf pochen, vorab Züge über die historische
Trasse zu schicken. NRW-Verkehrsministers Wittkes jüngst auch wieder in Hardt
ausgesprochene Weigerung, diese Strecke jemals wieder zu öffnen, sollte mit
Vorsicht genossen werden. Wittke hat sich ein bisschen zu schillernd verhalten,
als dass da nicht Zweifel angebracht wären. Skepsis ist außerdem angebracht,
wenn die Verhandlungen die Stelle erreichen, an der es ums Geld geht. Alle drei
Länder müssen sehr tief in die eigenen Kassen greifen, wenn sie die
Schienenstrecke bauen wollen. Billig werden sie nicht davonkommen. Die Bürger
an der neuen wie an der alten Strecke werden sich beim Lärmschutz nicht mehr
so gutgläubig veralbern lassen wie jene, die an der deutschen Betuwelinie
zwischen Emmerich und Oberhausen leben.
LUDGER PETERS