Rheinische Post - Lokales für Viersen, Brüggen, Nettetal, Niederkrüchten, Schwalmtal - Samstag, 12. April 2008

Eiserner Rhein: Ziel aus den Augen verloren


VON HELGA SEIFERT
Schwalmtal
Im Kampf gegen den Eisernen Rhein übten die Schwalmtaler Ratsfraktionen bisher den Schulterschluss. Ein Flugblatt der CDU sorgt jetzt für Ärger. Grüne und SPD verlangen eine öffentliche Entschuldigung.

Statt Einigkeit herrscht Zwist. Gerade noch hatten die Ratsfraktionen in Schwalmtal im Arbeitskreis "Eiserner Rhein" gemeinsam eine Resolution zur Schienentrasse entlang der A 52 verfasst, da krachte es. "Ich verlange von Ihnen eine offizielle Entschuldigung", wetterte Grünen-Chef Jürgen Heinen im Planungsausschuss und schaute CDU-Fraktionschef Lothar Höckendorf ernst an. In Rage gebracht hatten ihn und die Ratskollegen der SPD ein Flugblatt der CDU mit dem Titel "Nein zum Eisernen Rhein".

Behauptung sachlich falsch

Neben vielen Sachaussagen, die wohl alle im Schwalmtaler Rat vertretenen Parteien im Kampf gegen die Güterverkehrsstrecke unterzeichnen würden, wird darin gegen SPD, FDP und Grüne starkes Geschütz aufgefahren. So behaupten die Christdemokraten: "Alle Landtagsabgeordneten von SPD, FDP und Grünen stimmten für den "Eisernen Rhein" entlang der A 52."

Dass dies sachlich falsch ist, machte Udo Brechtel (SPD) deutlich, als er den Wortlaut des Beschlusses zitierte: "Der Landtag beschließt, dass die möglichen weiteren Planungen zum Projekt "Eiserner Rhein" vorangetrieben werden können. Lärmschutz für die Menschen muss hier bei allen weiteren Schritten oberste Priorität haben." Das sei kein Votum für den "Eisernen Rhein" entlang der A 52-Trasse, so Brechtel. Im übrigen hätten dieser Formulierung auch fast alle CDU-Abgeordneten (eine Nein-Stimme, sechs Enthaltungen) zugestimmt.

Noch mehr erzürnte SPD und Grüne, dass ihre Landtagsabgeordneten nach ihrem Votum im Landtag jetzt angeblich in Erklärungsnot gerieten "und es vor Ort als politische Großtat feierten, dass ausreichender Lärmschutz mit beschlossen wurde". Wörtlich heißt es im CDU-Flugblatt weiter: "Auf Veranstaltungen beklagen die Landtagsabgeordneten von SPD und Grünen nun die Zerstörung von Natur und Landschaft. Ein wenig überzeugender Versuch, mangelndes politisches Rückgrat zu kaschieren."

Die CDU bezieht sich dabei auf eine Veranstaltung zum Eisernen Rhein, die die Grünen in Abstimmung mit CDU-Bürgermeister Reinhold Schulz durchgeführt hatten. Für Schulz war die Teilnahme daran selbstverständlich, während Höckendorf und Landtagsabgeordneter Dr. Stefan Berger (er wird als Drahtzieher des Flugblattes vermutet) fernblieben. Höckendorf setzte in der Diskussion noch einen drauf: "Es trifft doch zu, dass Ihre Abgeordneten durch die Lande tingeln und sich vom eigenen Beschluss distanzieren."

"Sie waren doch gar nicht auf dieser Veranstaltung, also können Sie auch nicht wissen, was dort gesagt worden ist", entgegnete Grünen-Chef Heinen. Am Ende war es der Umweltpartei zu verdanken, dass der Zwist nicht ausartete. "Stellen Sie das richtig, damit wir weiter Schulter an Schulter kämpfen können", lautete ihr Appell an die CDU.


KOMMENTAR

Alleingang contra Stärke

Ob der Eiserne Rhein entlang der A 52 kommt, wird weder in Schwalmtal noch in Düsseldorf entschieden. Die Politiker vor Ort können sich lediglich stark machen für die Interessen der betroffenen Bürger. Die zu vertreten, reklamieren alle Parteien für sich, weshalb die geplante Güterverkehrsstrecke sich auch nur bedingt als Wahlkampfthema eignet. Die CDU scheint dies anders zu sehen. Ihr Flugblatt zum Eisernen Rhein ist gespickt mit Verunglimpfungen des politischen Gegners. Dieses unfaire und unsachliche Vorwahlkampf-Geplänkel ist nicht der Stil von Fraktionschef Lothar Höckendorf, auch wenn der dafür den Kopf hinhält. Dahinter steckt Gemeindeverbandsvorsitzender und Landtagsabgeordneter Dr. Stefan Berger, der mit seinem Nein zur Trassenuntersuchung bisher nicht punkten konnte. In seiner Ablehnung sehen viele reines Kirchturmsdenken, das in der Argumentation nicht überzeugt und den Bürgern in Schwalmtal nicht hilft. In deren Interesse wäre es wünschenswert, dass die CDU schnell zu ihrer sachlichen Linie zurückfindet und gemeinsam mit Bürgermeister Reinhold Schulz sowie den anderen Ratsfraktionen den Schulterschluss gegen den Eisernen Rhein übt. Ein Alleingang schwächt die Position der Gemeinde. HELGA SEIFERT




INFO: Das Verfahren


Projektion: Den Trassenvorschlag für den Eisernen Rhein müssen Belgien, Niederlande und Deutschland beraten.


Staatsvertrag: Einigen sich die drei nationalen Regierungen, schließen sie einen Staatsvertrag.


Planung: Der konkreten Linienführung des Streckenverlaufs folgt die Planfeststellung.


Zeithorizont: Bis zur Einigung der drei Ländern dürften bis zu drei Jahre vergehen, weitere zehn bis zum Planfeststellungsbeschluss.


Entnommen aus der Rheinischen Post, Ausgabe Viersen, 12. April 2008

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