Rheinische Post - Lokales für Viersen, Brüggen, Nettetal, Niederkrüchten, Schwalmtal - Freitag, 20. Juni 2008
Eiserner Rhein: Berlin will die historische Trasse
VON LUDGER PETERS
Einigkeit macht stark, heißt es. Geht es danach, sind die Bürgermeister
im westlichen Kreis Viersen schwach. Gemeinsam waren Günter Thönnessen
(Viersen), Josef Heyes (Willich), Christian Wagner (Nettetal), Reinhold Schulz
(Schwalmtal) und Herbert Winzen (Niederkrüchten) bei Staatssekretär
Achim Grossmann am Montag im Berliner Verkehrsministerium:
Thema: Eiserner Rhein und Ausbau der Bahnstrecke Kaldenkirchen-Dülken.
Kreis Viersen
Thönnessen äußerte sich gestern ernüchtert. "Wir sind
die letzten in der Entscheidungskette und haben auch noch unterschiedliche Interessenlagen.
So wird es nie etwas mit einer strukturiert gemeinsamen Regionalpolitik am Niederrhein",
stellte er fest. Das macht Thönnessen den Kollegen, mit denen "ich
mich gut verstehe", überhaupt nicht zum Vorwurf. Denn jeder hat sein
Interessenspäckchen zu tragen und zu vertreten. Schulz will den Neubau "Eiserner
Rhein" nicht. Winzen schwankt, weil er einen Schub für das frühere
Flughafengelände und Anschluss im Personenverkehr auf der Schiene erhofft.
Wagner fordert den zweigleisigen Ausbau Nettetal-Viersen, um die Taktfrequenz
im Personenverkehr zu verbessern.
Thönnessen und Heyes sind sowieso in der Klemme: Ob der Eiserne Rhein gebaut
wird oder nicht - die Mehrbelastung durch Güterzüge rollt durch Viersen
und durch Anrath. Das lehnt Thönnessen ab. Und irgendwo hat er immer noch
Angst vor der "Viersener Kurve", wenn die Strecke in Richtung Nettetal
ausgebaut wird.
Deutlich geworden ist in Berlin allerdings auch, dass die Verkehrsminister in
Berlin und Düsseldorf völlig unterschiedliche Ziele verfolgen. Oliver
Wittkes (CDU) hinausposaunte Feststellung, die historische Trasse des Eisernen
Rheins werde nicht mehr in Betrieb genommen, hat Wolfgang Tiefensee (SPD) in Berlin
nicht beeindruckt. Der Parlamentarische Staatssekretär Grossmann (CDU), den
der hiesige Abgeordnete Uwe Schummer mit den Bürgermeistern zusammenbrachte,
hat eindeutig erklärt, die Bundesregierung werde die finanziell günstigste
Lösung anstreben. Damit ist wieder die Öffnung der historischen Strecke
über Wegberg/Mönchengladbach im Spiel. Sie kostet laut Grossmann etwa
100 Millionen Euro, der Bau einer neuen Strecke von Elmpt bis Helenabrunn etwa
900 Millionen Euro. Die alte Strecke könnte 2016/17 in Betrieb gehen, die
Neubaustrecke frühestens 2025. Darauf wollen die Belgier und die Transportwirtschaft
nicht warten.
Thönnessens Frage, ob eine private Mitfinanzierung (PPP-Modell) etwas ändere,
beantwortete Grossmann verneinend. Für private Investoren lohne sich die
erwartete Rendite nicht. "Unsere Verhandlungsposition im Zusammenspiel multinationaler
Interessen auf politischer Ebene und vor dem Hintergrund, dass aus der Wirtschaft
Global Player ihre Interessen vorantreiben, ist denkbar schwach", so der
Viersener Bürgermeister.