Rheinische Post - Lokales für Viersen, Brüggen, Nettetal, Niederkrüchten, Schwalmtal - Dienstag, 11. November 2008
Posse um Eisernen Rhein
VON LUDGER PETERS
Kreis Viersen
Ein belgisches Büro betreut für die Flamen eine Mobilitätsstudie
für die Stadt Antwerpen. Gleichzeitig berät das Büro aber auch
fünf niederländische Gemeinden im Kampf gegen die Reaktivierung des
Eisernen Rheins.
Die unendliche Geschichte um den "Eisernen Rhein", die Bahnverbindung
von Antwerpen an den Rhein, ist um eine Kuriosität reicher. Während
die belgische Regierung Yves Leterme, der Hafen Antwerpen und die flämische
Regierung Kris Peeters Deutschland und die Niederlande drängen, die historische
Strecke wieder zu öffnen, haben fünf limburgische Gemeinden einen Coup
gelandet. Sie haben das Beratungsunternehmen "Group C" beauftragt, ihnen
im Widerstand gegen den Eisernen Rhein zu helfen.
Was harmlos aussieht - warum sollte ein anerkanntes Büro aus Antwerpen niederländischen
Gemeinden nicht helfen? -, entpuppt sich für Belgien als handfester Polit-Skandal.
Er beschäftigt mittlerweile Parlamente und Gerichte.
Chef des Büros "Group C" ist Nol Slangen. Im Auftrag der Entwicklungsgesellschaft
"Antwerpen Mobiel" (BAM) erarbeitet Slangen einen Masterplan zur Verbesserung
der Verkehrsinfrastruktur der belgischen Hafenstadt. Dazu gehört auch die
in der Bürgerschaft Antwerpens höchst umstrittene "Oosterweelverbinding",
ein zehn Kilometer langes Autobahnteilstück im Antwerpener Ring mit einem
Tunnel unter der Schelde. Im Jahr 2000 war man von 550 Mio. Euro Kosten ausgegangen,
mittlerweile wird das Projekt auf 2,8 Milliarden Euro geschätzt.
Slangen ist gleichzeitig führendes Mitglied (Directeur) der flämischen
Liberalen (Open VLD). Seine Funktion bei "Group C" und für Open VLD
sorgte bereits für Gesprächsstoff. Vorsichtshalber kündigte das
Unternehmen im Herbst 2006 an, es werde auf mögliche Interessenskonflikte
des Chefs reagieren. Doch die Liberalen sehen bis heute keinen Konflikt für
Slangen - weder bei der Mobilitätsstudie für Antwerpen noch mit der
Beratung der niederländischen Gemeinden gegen den Eisernen Rhein. Dies
bekräftigte Open VLD-Sprecher Tom Ongena in einer TV-Sendung, obwohl auch
die Liberalen den Eisernen Rhein reaktivieren wollen. Seitdem bekannt ist, dass
"Group C" gegen den Eisernen Rhein arbeitet, gehen die Wogen hoch.
Die flämische Regierung unter Ministerpräsident Kris Peeters will
"Group C" den Auftrag für "Antwerpen Mobiel" entziehen.
Viele Parlamentarier kritisieren, dass "Group C" bisher für die
Mobilitätsstudie Antwerpen bereits sechs Millionen Euro für eine nach
ihrer Meinung zweifelhafte Gegenleistung kassiert hat. Überdies zerren sich
Nol Slangen und der rechtsnationalistische Abgeordnete Jan Peumans (N-VA) gegenseitig
mit dem Vorwurf übler Nachrede gerade vor Gericht.
In Limburg reibt man sich zwischen Roermond und Weert derweil die Hände.
"Group C" mache einen guten Job, heißt es. Die Aufregung sei
unverständlich. "Slangen ist gut, deswegen ist er ein gefragter Mann."