Rheinische Post - Titelseite Gladbacher / Rheydter Zeitung - Dienstag, 19. Januar 2010
"Eiserner Rhein" vor dem Aus
Der neue Bahnchef Rüdiger Grube setzt die Bundesregierung unter Druck.
Wenn die Bahn nicht mehr Geld bekommt, fallen wichtige Bau-Projekte weg.
VON REINHARD KOWALEWSKY
Düsseldorf
Bedeutende Infrastrukturvorhaben der Deutschen Bahn inklusive des
Großprojektes Rhein-Ruhr-Express und des "Eisernen Rheins"
von Roermond über Mönchengladbach hin zum Rhein scheinen vor
dem Aus zu stehen. Diesen Schluss legt ein internes Papier des Vorstandes nahe,
aus dem die "Stuttgarter Zeitung" zitiert und dessen grundsätzliche
Existenz Manager des Konzerns gegenüber unserer Zeitung bestätigen.
Danach hat Bahnchef Rüdiger Grube von seiner Finanzabteilung eine Liste
zusammenstellen lassen, welche Bauprojekte "bis 2025 nicht realisierbar" sind,
sofern der Bund nicht mehr als die bisher zugesagten Mittel zuschießt.
Das Papier diente einer Vorbereitung eines Gespräches mit Bundesverkehrsminister
Peter Ramsauer, um ihn auf den Ernst der Lage hinzuweisen.
Der größte Rückschlag für das Land insgesamt wäre
eine Aufgabe des Rhein-Ruhr-Expresses.
"Das würde viele hunderttausende Pendler treffen", warnt Horst Becker,
verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag.
Die Aufgabe der Güterstrecke "Eiserner Rhein" wäre für
die NRW-Unternehmen mit viel Verkehr nach Holland ärgerlich, doch am
Niederrhein freuen sich viele Anwohner.
"Das Projekt war wegen der Umweltbelastung sowieso umstritten",
sagt Stefan Berger, CDU-Landtagsabgeordneter aus Schwalmtal,
"ich begrüße, wenn das alles noch einmal auf den Prüfstand kommt."
Und ein Verzicht auf den Ausbau der Strecke Emmerich-Oberhausen (Betuwe),
der ebenso wie der Ausbau von Köln-Aachen gekippt wird, falls der Bund
wie von vielen Beobachtern erwartet die Mittel für die Bahn kürzt,
würde verhindern, dass der Lärmschutz ausgebaut wird.
"Ohne Ausbau auf drei Gleise gibt es keine Pflicht für sehr viel mehr
Lärmschutz", sagt Verkehrsexperte Becker,
"die Milliarden, die in den nächsten Jahren für die Untertunnelung
von Stuttgart verpulvert werden, fehlen nun in NRW als größtem Bundesland."
Sowohl die Deutsche Bahn als auch die Landesregierung versuchen, die
aufgekommene Diskussion zu beruhigen. Es gäbe "keine Streichliste"
so die Bahn. Inoffiziell heißt es: "Die Liste ist ein Warnschuss Richtung Politik."
Die Landesregierung beruft sich auf Vereinbarungen mit der Bahn speziell
zum Rhein-Ruhr-Express. Doch ganz so stabil sind die wohl nicht.
"Es gibt keine wirklich verbindlichen Verträge", warnt Becker,
"alles andere ist Augenwischerei."