Rheinische Post - Lokales für Viersen - Donnerstag, 11. Februar 2010

Eiserner Rhein und sein Lärm


VON JOACHIM NIESSEN

Viersen. CDU-Ratsherr Fritz Meies fordert von der Viersener Politik eine Stellungnahme zum Eisernen Rhein: "Es kann nicht sein, dass einerseits jede Nacht 130 Güterzüge durch die Stadt rollen sollen, andererseits der Rat dazu schweigt."

Die Diskussion um die Streckenführung des Eisernen Rheins ist in Viersen vergleichbar mit dem Innenleben eines Druckkochtopfs: Es brodelt permanent aber leise unter dem Deckel, doch alle paar Monate steigt der Druck an – und ein Ventil lässt den Dampf unter lautem Zischen austreten. In der jüngsten Sitzung des neuen Ausschusses für Stadtentwicklung und -planung war es wieder einmal soweit. Die Viersener FDP hatte das Thema "Eiserner Rhein" zum Antrag erhoben. Vor allem CDU-Ratsherr Fritz Meies musste in dem folgenden Meinungsaustausch mächtig Luft ablassen. Und wieder tauchte die Frage nach der Trassenführung auf: Soll die historische Schienenstrecke durch Mönchengladbach reaktiviert werden, oder soll es eine neue Variante entlang der A 52 geben?

Richtig erkannt hatte Viersens FDP-Vorsitzender Stefan Feiter gleich zu Beginn der Antragstellung, dass anscheinend alle (Landes-)Parteien die Diskussion um den Eisernen Rhein bis zur NRW-Landtagswahl am 9. Mai "unter dem Deckel" halten wollen. "Doch wir glauben nicht, dass dieses Projekt aus der politischen Diskussion verschwinden wird", so Feiter. "Deshalb halten wir es für richtig, eine klare Position der Stadt Viersen zu erarbeiten."

Unterstützung erhielt der FDP-Chef von CDU-Ratsherr Fritz Meies: "Es kann nicht sein, dass einerseits jede Nacht 130 Güterzüge mitten durch die Stadt rollen sollen, andererseits der Rat dazu schweigt. Viersen hat nichts, rein gar nichts vom Eisernen Rhein, uns bleibt nur der Lärm. Und den will ich nicht." Baudezernent Gerd Zenses erinnerte noch einmal an den Planungsstand: "Der Eiserne Rhein ist Bundesangelegenheit. Das Bundesverkehrsministerium hat hier klar Position bezogen. Der Bund will 100 Millionen Euro in die Reaktivierung der historischen Strecke investieren."

Den Plan des früheren NRW-Verkehrsministers Oliver Wittke (CDU), eine komplett neue Trasse entlang der A 52 zu errichten, habe die Bundesregierung mit Interesse vernommen. Zenses: "Sicher ist nur, die möglichen Mehrkosten von mehreren 100 Millionen Euro müsste das Land NRW tragen." Seitdem Wittke im Februar vergangen Jahres nach einem Verkehrsvergehen vom Ministeramt zurücktrat und sein Parteikollege Lutz Lienenkämper die freie Stelle übernahm, war es um die A-52-Variante des Eisernen Rheins ruhiger geworden. "Trotzdem müssen wir uns als Viersener Politik deutlich positionieren", so Fritz Meies. "Klar ist auch, dass Viersen nicht Teil der historischen Strecke des Eisernen Rheins ist. Diese begann in Antwerpen und endete in Mönchengladbach. Auf diesem Weg wurde die Baumwolle für die dortige Textilindustrie transportiert."

Kommentar: Viersen kann nicht länger zuschauen


VON LUDGER PETERS

Der Name sagt es: Viersen hat einen Entwicklungs- und Planungs-, aber keinen Blockadeaussschuss. Eine Verhinderungsstrategie ist unredlich, genauso wie die ständig wiederholte Behauptung, Eisenbahnverkehr bringe Viersen nichts. Koppelte sich Viersen von der Konjunktur ab, wäre das richtig. Deutschlands Exportwirtschaft lebt von guter Infrastruktur bis in die Häfen. Dort kommen immer mehr Frachten aus China und Indien an. Antwerpen und Rotterdam werden derartige Zuwachsraten verzeichnen, dass die verfügbaren Schienenwege nicht mehr ausreichen. Viersen ist gut beraten, offensiv mit Schienenverkehr umzugehen, also weitsichtig zu handeln. Das machen sonst andere. Kürzlich vereinbarte eine Delegation des Hafens Antwerpen in Venlo intermodale Dienste, um Wasser- und Schienenwege zu optimieren - bis Duisburg. Viersen kann schmollend zuschauen und sich überrollen lassen, oder bei Land und Bund auf intelligente Lösungen dringen - bis hin zum Tunnel im Rahser.

Info
Gütertransport

Strecke
Der Eiserne Rhein soll Antwerpen mit dem Ruhrgebiet verbinden. Seit 1998 fordert Belgien offiziell von den Niederlanden und Deutschland, die 1991 stillgelegte Strecke über Roermond/Dalheim in Richtung Mönchengladbach wieder zu öffnen.

Gericht
2002 rief Belgien das Internationale Schiedsgericht (Permanente Hof van Arbitrage) in Den Haag an. Dort bestätigte man das grundsätzliche Recht Belgiens, über die historische Strecke Güter transportieren zu dürfen.



Entnommen aus der Rheinischen Post, Ausgabe Viersen, 11. Februar 2010

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