Mönchengladbacher Stadtpost - Rheinische Post - Montag, 26. Juli 2010
Rot-Grün will Eisernen Rhein
VON ANDREAS GRUHN UND RALF JÜNGERMANN
Mönchengladbach. Die Landesregierung will die Güterzugstrecke nach
Antwerpen bauen. Das alarmiert die Anwohner in vielen Stadtteilen. Nun hoffen
Bürgerinitiativen und Stadt auf eine andere Strecke. Die ist aber besonders
teuer.
Die rot-grüne Landesregierung will sich nach der Sommerpause wieder um den
Eisernen Rhein kümmern. Im Koalitionsvertrag hatte die Minderheitsregierung
angekündigt, den Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern. Dabei gehe
es um eine "noch zu findende Strecke für den Eisernen Rhein". Das lässt
die Alarmglocken in vielen Stadtteilen schrillen. Denn alle in den vergangenen
Jahren ernsthaft diskutierten Trassen würden über Mönchengladbacher
Stadtgebiet führen – weswegen beispielsweise in der Gladbacher Innenstadt,
in Rheydt in Windberg und in Hardt viele Anwohner seit langem in Bürgerinitiativen
organisiert sind.
"Keiner möchte mehr die historische Strecke", weiß der
SPD-Landtagsabgeordnete Hans-Willi Körfges. Allerdings ist ausgerechnet
diese Trasse die kostengünstigste. Auch die Strecke entlang der Autobahn
52, die vor zwei Jahren vom damaligen Verkehrsminister Oliver Wittke ins Gespräch
gebracht worden war und in Hardt über Mönchengladbacher Gebiet führt,
würde Körfges am liebsten ausschließen. "In beiden Regierungsfraktionen
gibt es Bedenken gegen die Trasse an der A 52", sagt er. Nach Ferienende
werde er die Probleme in Bezug auf Mönchengladbach mit Staatssekretär
Horst Becker besprechen, so Körfges.
Auch der Mönchengladbacher Planungsdezernent Andreas Wurff hofft, dass der
Kelch an der Stadt vorübergeht. "Ich sehe eine neue Trassenführung
mit Sympathie. Aber sie muss stadtverträglich sein. Dieses Problem muss man
lösen", sagte er.
Geht es nach der Mönchengladbacher Bürgerinitiative "Eiserner Rhein
West Initiative" (ERWIN), kann es nur eine Lösung geben: und zwar über
Duisburg und Venlo entlang der Autobahn 40. Darauf hätten sich die Vereinigten
Bürgerinitiative vor drei Wochen bei einem Treffen in Roermond verständigt.
"Alle Mitglieder bevorzugen weiterhin die A 40-Variante", sagte Dr.
Jürgen Vieten, stellvertretender Vorsitzender von ERWIN, die momentan in
Mönchengladbach rund 300 Mitglieder zählt. "Wir glauben, dass
diese Variante bisher nicht richtig durchgerechnet wurde und als einzige eine
wirklich zukunftsträchtige schnelle Verbindung für eventuell wachsenden
Güterverkehr darstellt sowie ein eigenes ökonomisches Potenzial aufweist.
" Außerdem würde es sich dabei um einen Neubau durch dünn
besiedeltes Gebiet handeln.
Einflussreiche SPD-Politiker
Nur: Diese Trasse war schon einmal im Gespräch und an den Niederländern
gescheitert. Camiel Eurlings, niederländischer Verkehrsminister, hatte diese
Variante als viel zu teuer bezeichnet. Für die Niederlande ist die Reaktivierung
der historischen Trasse günstiger. Dazu kommt, dass besonders viele einflussreiche
SPD-Politiker aus dem Ruhrgebiet stammen und wömöglich zu verhindern
versuchen werden, dass ihre Kommunen betroffen sind. Wie die hunderte Millionen
Euro für die Strecke zwischen Niederlande, Belgien, NRW und Bund aufgeteilt
werden sollen, ist noch völlig unklar.
Info
Historisches
Geschichte
Der Eiserne Rhein war 1830 bei der ersten Planung,
1839 bei der Genehmigung und
1879 bei der Eröffnung die erste transeuropäische Eisenbahnverbindung.
1991 wurde die historische Trasse stillgelegt.
Hintergrund
Der Kölner Politiker Ludolf Camphausen wollte mit der Verbindung
zwischen Antwerpern und dem Rheinland die niederländischen Zölle umgehen.