Opinio - Rheinische Post - Mittwoch, 02. August 2010

Vom "Eisernen Rhein" überrollt?

Klammheimlich schmiedet der politische Wille den "Eisernen Rhein". Werden Mönchengladbach und Wegberg bald pausenlos von Zügen überrollt?

Seit etwa zwei Wochen ist die Bahnlinie RB39 zwischen Mönchengladbach und Wegberg-Dalheim vorübergehend stillgelegt. Bis Mitte August werden Bauarbeiten durchgeführt. Alte Gleise werden durch neue ersetzt, zusätzlich Gleisschotter aufgefüllt und gereinigt.
Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn es nicht weitere Indizien gäbe, die für eine großangelegte Geheimaktion sprechen. Doch vorher müssen wir etwas weiter ausholen.

Was verbirgt sich hinter dem Begriff "Eiserner Rhein"?

Der "Eiserne Rhein" war die erste transeuropäische Eisenbahnverbindung. Die Strecke führte von Antwerpen-Hafen über Roermond, Möchengladbach bis zum Duisburger Hafen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Strecke nach und nach eingestellt.
In den letzten Jahren wurde die Wiederbelebung der Strecke immer wieder heiß diskutiert. Differenzen über die Aufteilung der Kosten zwischen Belgien, den Niederlanden und Deutschland, sowie der Widerstand zahlreicher Bürgerinitiativen brachten das Projekt immer wieder zum Erliegen.
Kommen wir nun zu den Indizien, die eine längst beschlossene Wiederaufnahme der alten Strecke nahelegen.
Kurz vor Aufnahme der Gleisarbeiten an der Linie RB39 wurden alternative Streckenführungen mehr oder weniger aus Kostengründen ausgeschlossen, beispielsweise der Bau einer neuen Bahnlinie entlang der BAB 52 von Viersen bis zur niederländischen Grenze oder auch eine mögliche Strecke von Duisburg nach Venlo, entlang der BAB 40.
Diese Entscheidungen rücken nun die historische Trasse wieder in den Mittelpunkt der Diskussion. Dass neben den Gleisarbeiten auch die Kosten eines möglichen Ausbaus der überwiegend eingleisigen Strecke evaluiert werden, liegt auf der Hand.
Darüber hinaus hat die neue rot-grüne Landesregierung klargestellt, dass sie den Ausbau des "Eisernen Rhein" wünscht, um den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern.
Zudem wurde auf niederländischer Seite die Strecke von Roermond bis Vlodrop wieder instandgesetzt. Angeblich soll schon in wenigen Wochen der Güterverkehr der Spedition Schenker zwischen Antwerpen und Duisburg rollen. Heißt im Klartext: durch Dalheim, Wegberg, Rheindahlen, Rheydt und Mönchengladbach. Versuchsweise zweimal am Tag- hin und zurück. Ein Schuft, der Böses dabei denkt.

Aber was spricht denn gegen den Eisernen Rhein auf der historischen Trasse?

Die Strecke führt durch den Nationalpark "De Meinweg" auf niederländischer Seite und auf deutscher Seite am Naturpark Schwalm-Nette vorbei. Nicht nur Flora und Fauna würden leiden, sondern auch der Tourismus der Mühlenstadt Wegberg. Und Wegberg wäre doppelt getroffen.
Aufgrund der häufigen Schließung der Bahnübergänge durch das Stadtzentrum wären alle Verkehrswege blockiert. Das käme einer Teilung der Stadt gleich und würde erhebliche Einbußen für Gewerbe und Einzelhandel bedeuten. Hinzu kommt, dass der Güterverkehr eine starke Lärm- und Umweltbelastung für die Wegberger Bürger bedeuten würde. Die Züge rauschen nur wenige Meter am Schlafzimmer der Anwohner der Bahnhofstraße und der Jakob-Hoogen-Straße vorbei.
Es scheint, dass die Wegberger und auch die Gladbacher Bürger in den sauren Apfel beißen müssen. Ist der politische Wille einmal entfacht, wird alles möglich: Koste es, was es wolle. Politische Entscheidungen haben das Augenmaß verloren. So musste die Loveparade unbedingt in Duisburg stattfinden. Die gleichen Politiker, die nach dem Totentanz rührselige Reden geschwungen haben, fordern nun eiskalt den Eisernen Rhein auf der kostengünstigsten Strecke. Auch in diesem Fall wird die Verantwortung ins Unendliche aufgeteilt und nachher will es keiner gewesen sein.
Wenn ein vom Lärm zermürbter Anwohner der Bahnhofsstraße vor einen Zug springt. Oder schlimmer: wenn ein mit Gefahrgut beladener Güterzug am Bahnübergang mit einem PKW kollidiert.


Entnommen aus der OPINIO, Meinungsportal der Rheinischen Post, 02. August 2010

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