Rheinische Post - Lokales für Mönchengladbach bzw. Viersen, Brüggen, Nettetal, Niederkrüchten, Schwalmtal - Donnerstag, 10. Mai 2012
Eiserner Rhein: NRW verhandelt
VON LUDGER PETERS
Wenige Tage vor der Landtagswahl ist die Diskussion um den Ausbau der Güterzugstrecke
Eiserner Rhein neu entflammt. Anlass sind Berichte belgischer Medien, nach denen der
nordrhein-westfälische Wirtschafts- und Verkehrsminister Harry Voigtsberger in Belgien
ein Abkommen zur Zusammenarbeit zwischen Flandern und NRW unterzeichnet habe.
Bei den Verhandlungen, schreibt beispielsweise die flämische Zeitung "Nieuwsblad",
sei es ausdrücklich auch um den Eisernen Rhein gegangen.
Zudem habe der deutsche Botschafter Eckard Cuntz seiner Hoffnung Ausdruck gegeben,
dass über die Öffnung der Strecke möglichst schnell eine Einigung erzielt werde.
Die Strecke ist nötig, um ausreichend Kapazität für den Güterverkehr
zwischen den belgischen Häfen und dem Ruhrgebiet zu schaffen.
Die über 100 Jahre alte historische Trasse verläuft mitten durch Mönchengladbach.
Eine alternative Route entlang der A 52 gilt als unbezahlbar.
"Geheimverhandlungen"
"Das kann ja nur heißen, dass die historische Trasse mitten durch Mönchengladbach
ausgebaut werden soll", sagt der Mönchengladbacher Landtagsabgeordnete Norbert Post (CDU).
Dass Voigtsberger in einer so wesentlichen Frage Geheimverhandlungen führe,
ohne anschließend die Öffentlichkeit zu informieren, sei ein Skandal.
"Schließlich sind alleine in unserer Stadt Zehntausende Bürger massiv
betroffen", so Post weiter.
Voigtsberger traf zu Wochenbeginn bei der ersten Wirtschaftskonferenz von
Nordrhein-Westfalen und Flandern in Antwerpen den flämischen
Ministerpräsidenten Kris Peeters.
Bei dieser Gelegenheit wurde die Absichtserklärung zur engeren Zusammenarbeit
zwischen beiden Regionen unterzeichnet.
Konkret sei dabei auch die Verwirklichung des Eisernen Rheins besprochen worden.
In Düsseldorf hat Voigtsberger davon nichts berichtet.
Die Pressemitteilung des Verkehrsministers über den Besuch in Flandern
fällt sehr vage aus.
Man habe bekräftigt, "die grenzüberschreitende Kooperation zu intensivieren.
Die "Declaration of intent" sei bereits von Svenja Schulze, Ministerin
für Innovation, Wissenschaft und Forschung, sowie Johannes Remmel, Minister für
Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz ratifiziert worden.
Die Zusammenarbeit beider Regionen solle "vor allem in den Bereichen Klimaschutz,
Mobilität, Energieeffizienz, sowie bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels
gestärkt werden".
Unter den Begriff Mobilität fällt allerdings auch der Eiserne Rhein.
"Diese Art von Geheimdiplomatie ist vollkommen unangemessen.
Wenn bei diesem Thema nicht jederzeit offen informiert wird, erleben wir hier
ein zweites Stuttgart 21", so Norbert Post zur RP.
Auch andere niederrheinische CDU-Politiker reagierten gestern empört.
Der Kreis Viersen wäre vom Eisernen Rhein genau wie Mönchengladbach
massiv betroffen.
"Die rot-grüne Regierung hat die engere und grenzüberschreitende
Zusammenarbeit mit den Benelux-Ländern sträflich vernachlässigt,
nachdem das Land unter der Regierung Rüttgers einen Sonderstatus als
Benelux-Partner erhalten hatte.
Jetzt treibt sie unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit Flandern die
rückwärts gewandte Verkehrsverbindung Eiserner Rhein versucht
voran", erklärt der CDU-Kreisvorsitzende Marcus Optendrenk.
"Wir brauchen realisierbare Maßnahmen, die die grenzüberschreitenden
Chancen konkret verbessern."
Das sei in erster Linie der zweigleisige Ausbau der Bahnstrecke Kaldenkirchen-Dülken.
Irritiert ist Nachbar Niederlande.
Das Kabinett hat den Eisernen Rhein gerade erst aus seinem Crisis- en Herstelwet
(Konjunkturförderprogramm) getilgt.
"Womit ist man in Deutschland eigentlich beschäftigt?", fragt Toine Wuts
von der Milieufederatie Limburg.
"Wenn man wirklich etwas für die Wirtschaft tun will, dann muss eine
stabile Bahnverbindung zwischen wichtigen logistischen Knotenpunkten geschaffen werden."