Rheinische Post - Lokales für Viersen, Brüggen, Nettetal, Niederkrüchten, Schwalmtal - Montag, 24. März 2014
Hafen Antwerpen will Eisernen Rhein
VON LUDGER PETERS
Kreis Viersen
Auch die nordrhein-westfälische Landesregierung wirbt für den Ausbau
der alten Zugtrasse durch Belgien, Niederlande und Deutschland. Jetzt war das
Vorhaben auch Thema in Verkehrsausschuss des Kreises Viersen.
Der Hafen Antwerpen verstärkt seine Lobbyarbeit im Land Nordrhein-Westfalen.
Robert Giraud und Hans Königs ergänzen im Team die Arbeit von Dr. Dieter
Lindenblatt als offizielle Vertreter. Die Belgier wittern Morgenluft, da die
rot-grüne Regierung im Land kräftig für den Bau des Eisernen
Rheins wirbt. Das wirkt sich zunehmend auf den Kreis Viersen aus. Hier wächst
wieder die Nervosität.
Im Verkehrsausschuss des Kreistags ließ sich SPD-Fraktionsvorsitzender
Hans Smolenaers jedenfalls nicht aus der Reserve locken, als Fritz Meies (CDU)
ein klares Votum der Politik gegen den Eisernen Rhein forderte. Die Verwaltung
hatte auf der Grundlage eines Zwischenberichts vorgeschlagen, der Kreistag solle
"eine Neubauvariante, die mit Beeinträchtigungen von Siedlungsbereichen
im Kreis Viersen verbunden ist", ablehnen. Da macht die SPD nicht mehr mit.
Sie hat sich auch schon anders geäußert, aber das ist lange her.
In den vergangenen Monaten haben die Belgier jede Gelegenheit genutzt, um in
Düsseldorf oder bei Begegnungen mit deutschen Politikern im eigenen Land
immer wieder den Eisernen Rhein auf die Agenda zu setzen. NRW-Verkehrsminister
Groschek setzt sich vehement für die bei den Bürgern höchst ungeliebte
Strecke ein - egal wo sie entlangführen soll. Gegner vertrauen darauf, dass
das Wort des früheren Verkehrsministers Peter Ramsauer (CSU) gilt, der die
Debatte um alternative Streckenführungen im September 2012 für beendet
erklärte. Wenn überhaupt, dann solle die historische Strecke über
Roermond, Dalheim und Mönchengladbach geöffnet werden.
Für Beobachter war dies gleichbedeutend mit einer Beerdigung erster Klasse.
Kaum jemand hält es für möglich, dass die alte Trasse geöffnet
wird, weil sie den Bau eines teuren Tunnels unter dem Naturpark am Meinweg bei
Roermond voraussetzt. Nebulös bleibt allerdings auch, wer eigentliche die
Kosten tragen soll für die einst von CDU-Verkehrsminister Oliver Wittke
ohne Absprache mit Niederlande und Belgien ins Gespräch gebrachte Alternative
an der A 52. Belgien ist finanziell so klamm, dass das Land diese Summen - man rechnet
mit 500 bis 800 Millionen Euro - kaum stemmen kann. Und die steigen Jahr für
Jahr ganz natürlich durch die übliche Verteuerung.
Gerne übersehen wird, dass Niederländer und Belgier sich am 4. Juli
2011 auf die Reaktivierung der alten Trasse geeinigt haben. 2005 hatte der Internationale
Schiedshof in Den Haag entschieden, dass sich die Niederlande die Reaktivierung
auf Basis der 1879 in Betrieb genommenen Strecke, aber nicht an Alternativstrecken
beteiligen müssen. Belgien kann so nur die historische Strecke reaktivieren,
muss aber alle darüber hinausgehenden Kosten tragen: technische Aufrüstung
auf und neben der Strecke (Elektrifizierung, Lärmschutz), Zweigleisigkeit (!)
und eben der Tunnel unter dem FFH-Gebiet Nationalpark Meinweg.
"Der Eiserne Rhein ist unzumutbar für Viersen", wiederholte Fritz
Meies aufgebracht im Verkehrsausschuss. Ob über die A-52-Variante oder über
die historische Trasse – Viersen werde immer durchfahren. Er forderte den Ausschuss
auf, sich den Streckenverlauf selbst einmal anzusehen. "Ich habe den Verdacht,
hier wissen einige gar nicht, worüber wir reden", so Meies. Die SPD
legt sich, nun ganz auf die NRW-Linie ihrer Partei einschwenkend, nicht mehr fest.
"Den Eisernen Rhein können wir nicht ablehnen", erklärte Hans
Smolenaers. Man müsse darauf warten, zu welchem Ergebnis eine Trassenabwägung
komme. Dietmar Brockes FDP-MdL, ein Verfechter des Eisernen Rheins im Düsseldorfer
Landtag, versteht die gegenwärtige Aufregung nicht. "Es gibt Beschlüsse
des Kreistags. Daran muss keiner rühren", sagte er.
In Düsseldorf wird der Hafen Antwerpen weiter für seine Belange werben.
Koste es, was es wolle.