Rheinische Post - Gladbacher Zeitung - Mittwoch, 15. Oktober 2014

"Eiserner Rhein" rückt näher
Das Bundesverkehrsministerium prüft für die Bahnverbindung nach Antwerpen jetzt auch die "Viersener Kurve", die von den Anliegerstädten bekämpft wird. NRW favorisiert die Trasse an der A52.


Von Detlev Hüvel und Ludger Peters

Viersen/Düsseldorf. In das seit Jahren umstrittene Eisenbahnprojekt "Eiserner Rhein" von Antwerpen nach Duisburg kommt Bewegung. Das Bundesverkehrsministerium prüft im Zuge des geplanten Ausbaus der Bahnstrecke Kaldenkirchen-Dülken auch den Bau der "Viersener Kurve". Grafik Strecken-Varianten Dabei handelt es sich um eine mehrere Hundert Meter lange Verbindung der vorhandenen Strecken Venlo-Viersen-Mönchengladbach sowie Krefeld-Viersen-Mönchengladbach. Dies bestätigte das Ministerium auf Anfrage unserer Redaktion.

Die "Viersener Kurve", die durch ein dicht besiedeltes Gebiet am Rande des Stadtzentrums führen würde, ermöglichte - unter Nutzung der Streckennetze in den Niederlanden und Belgien - direkte Fahrten von Antwerpen und Rotterdam zum Duisburger Hafen. Dies ist derzeit nicht möglich; die Züge müssen in Viersen rangieren. Das kostet Zeit. Die "Viersener Kurve" würde vermutlich eine deutliche Zunahme des Güterverkehrs zur Folge haben. Die Stadt lehnt diese Pläne darum ab. Gegen mehr Güterverkehr auf der Schiene und den damit verbundenen Lärm gibt es auch in Krefeld und Mönchengladbach Protest.

Unstrittig ist dagegen der zweigleisige Ausbau des Abschnitts Kaldenkirchen-Dülken. Mönchengladbach, Viersen und Venlo unterstützen die Pläne. Sie wollen damit den IC-Verkehr zwischen Eindhoven und Düsseldorf ermöglichen. Die Kosten werden auf 50 Millionen Euro beziffert. Das Nutzen-Kosten-Verhältnis gilt als ausgezeichnet. In diesem Zusammenhang untersucht das Bundesverkehrsministerium allerdings sämtliche Vorschläge zur Verbesserung der Verkehrsbeziehungen von NRW zu den Häfen Zeebrugge, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam ("Zara"). Die Routenführung über Venlo und Viersen biete den Vorteil, dass sie auch Güterverkehr aus Antwerpen aufnehmen und als südlicher Bypass der Betuwelinie von Rotterdam nach Emmerich dienen könnte, heißt es in Berlin. Davon ist am Niederrhein bisher jedoch keine Rede gewesen. Entsprechend groß dürfte dort die Verunsicherung sein.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann (CDU), hatte unlängst in Neuss erklärt, der "Eiserne Rhein" könne über die zweigleisig ausgebaute Strecke Venlo-Viersen geführt werden. Nach Angaben des Ministeriums werden derzeit aber auch die beiden anderen Varianten des "Eisernen Rheins" geprüft. Die Reaktivierung der historischen Strecke würde jedoch 445 Millionen Euro kosten. Für die Trasse entlang der A 52 zwischen Roermond und Mönchengladbach wären sogar 480 Millionen Euro fällig. Einen Landtagsbeschluss entsprechend, hat das NRW-Verkehrsministerium aber diese Trasse zur Bewertung nach Berlin gemeldet. Die "Viersener Kurve" werde von den Anwohnern abgelehnt, heißt es weiter. Der frühere NRW-Verkehrsminister Lutz Lienenkämper (CDU) äußert sich dazu zurückhaltend. Die Prüfung der "Viersener Kurve" durch den Bund müsse abgewartet werden.



Bricht der Bund Tabu beim "Eisernen Rhein"?
Von Detlev Hüvel

Seit Jahren schon wird um den "Eisernen Rhein", die Schienenverbindung von Antwerpen zum Duisburger Hafen, gerungen. Jetzt plötzlich bekommt das Projekt neuen Schwung. Bei der Suche nach optimalen Verbindungen zu den niederländischen und belgischen Nordseehäfen hat das Bundesverkehrsministerium gewissermaßen die vorhandene Strecke Venlo-Duisburg neu entdeckt, sie allerdings um eine brisnate Prüfvariante bereichert - die "Viersener Kurve".

Diese Gleise würden durch dicht besiedeltes Stadtgebiet führen. Verständlich, dass die Menschen in Viersen davon nichts wissen wollen, zumal der Güterverkehr infolge dieser "Abkürzung" enorm zunehmen dürfte. In NRW galt diese Trassenführung bislang nicht ohne Grund als Tabu. Wenn der Bund beabsichtigen sollte, es zu brechen, dann muss er auch mit Lärmschutzmaßnahmen oder einer Tunnelführung dafür sorgen, dass die Wohnqualität nicht noch weiter beeinträchtigt wird.

Es gibt allerdings auch Verkehrsexperten, die nicht an die Wiederbelebung des eingerosteten "Eisernen Rheins" glauben. Sie halten die Kosten für zu hoch und die Aussichten auf eine Einigung mit den Niederlanden und Belgien für zu gering.




Entnommen aus der Rheinischen Post, Ausgabe Mönchengladbach, 15. Oktober 2014

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