Rheinische Post - Mönchengladbacher Stadtpost - Samstag, 28. März 2015
JHQ-Flüchtlingsheim erst 2016 fertig
Es dauert noch mehr als ein Jahr, bis die notwendige Infrastruktur fertig ist.
von Dieter Weber
Mönchengladbach (RP).
Die Flüchtlingseinrichtung im JHQ wird nicht vor Mitte nächsten Jahres Asylsuchende
aufnehmen können.
Das erklärte die zuständige Architektin des Bau- und Liegenschaftsbetriebs des Landes (BLB),
Elke Kolfen, die das Projekt für das Land NRW betriebsfertig macht.
Der Grund für die Verzögerung:
Die zu schaffende Infrastruktur ist so umfangreich, dass es nach Meinung der BLB-Expertin
nicht früher funktionieren kann.
"Wir müssen die Versorgung mit Strom, Wasser und Gas gewährleisten.
Dabei sind Strecken bis zu 2,6 Kilometer zu überwinden",
sagte Kolfen bei einem Ortstermin an der geplanten Flüchtlingsunterkunft im JHQ.
Die Grünen hatten dazu eingeladen und ihre Landtagsabgeordnete Monika Düker dabei,
die flüchtlingspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion ist.
Sie machte deutlich, dass bis zu 1.000 Menschen in der Erstaufnahme-Einrichtung
leben können.
"Sie wird nicht immer komplett belegt sein. Aber 750 bis 800 Menschen werden hier vermutlich leben,
wenn die Flüchtlingszahlen weiterhin so hoch sind", sagte sie.
Alle Plätze werden, so hob sie hervor, auf die Quote der Stadt bei der Aufnahme
von Asylsuchenden angerechnet.
Das heißt aber nicht unbedingt, dass Mönchengladbach
spürbar entlastet wird, wenn die JHQ-Unterkunft Mitte 2016 belegt werden kann.
Denn Experten rechnen damit, dass die Flüchtlingszahl spürbar steigen wird.
Düker: "Bundesweit kamen im Vorjahr rund 200.000 Flüchtlinge nach Deutschland.
Es wird damit gerechnet, dass sich diese Zahl 2015 oder 2016 verdoppeln könnte."
Anfang der Woche lebten rund 1.400 Asylsuchende in der Stadt.
Düker und Kolfen lobten Stadtverwaltung, Politik und Flüchtlingshelfer:
Die Kooperation sei hervorragend.
"In Mönchengladbach könnte eine Vorzeigeeinrichtung entstehen", sagte Düker.
Ein ganzes Dorf für Flüchtlinge im JHQ
Es wird ein Kraftakt, im JHQ eine Erstaufnahme-Einrichtung
für Asylbewerber herzurichten.
Zehn von rund 420 Hektar Areal werden für das Flüchtlingsdorf vorgehalten.
Das größte Problem sind fehlende und marode Versorgungsleitungen.
Der Radiator sorgt für wohlige Wärme.
Auf einem Schrank steht eine Kaffeemaschine, daneben liegen Filtertüten.
Die Mini-Appartements in den früheren Mannschaftsunterkünften der
britischen Soldaten sehen so aus, als könnte hier sofort jemand einziehen:
Betten, Tisch und Stühle aufstellen, Hemden, Hosen, Pullover in den offenen
Kleiderschrank hängen - wer schnell duschen will, kann dies in dem integrierten
Sanitärraum machen. Zwar ist alles ein bisschen in die Jahre gekommen.
Aber mit etwas Farbe wirken die Mini-Wohnungen schnell wieder ansehnlich.
Vier Flüchtlinge sollen hier ab Mitte 2016 wohnen können, wenn sie
es aus den Krisenländern dieser Welt bis nach Deutschland schaffen.
"Diese Häuser", sagt Elke Kolfen, die als Architektin des Bau
und Liegenschaftsbetriebs des Landes (BLB) das JHQ für den Einzug von
Asylbewerbern vorbereitet, "sind schnell herzurichten. Hier könnten
die Flüchtlinge schon bald einziehen."
Dann aber kommt das "Aber".
Dieser Gebäudekomplex mit sieben mehrstöckigen Häusern stellt
auf dem rund zehn Hektar großen Gelände das kleinste Problem für
die Firmen dar, die eine Erstaufnahme-Einrichtung für
Asylbewerber einrichten
sollen. Auch die einstöckigen Baracken - ebenfalls als Unterkünfte
vorgesehen - sind in einem passablen Zustand.
Sanierprojekte sind dagegen die ehemaligen Soldaten-Casinos mit den angrenzenden
Küchen: Hier werden Speisesäle für die Flüchtlinge entstehen.
Doch das größte Problem ist nicht die Haus- und Wohnungs-Renovierung.
"Bis wieder alles so weit hergestellt ist, dass die Menschen in diesem
Teilbereich des großen, rund 420 Hektar großen Gelände autark
leben können, Strom, Wasser und andere Anschlüsse haben, werden Monate
vergehen", sagt die Architektin Elke Kolfen.
Dabei nimmt die Vorbereitung für den Beginn der Arbeiten die meiste Zeit
in Anspruch: Die Arbeiten müssen europaweit ausgeschrieben und vergeben
werden, bevor Arbeitstrupps anrücken können. Das dauert.
Und eigentlich hat das Land diese Zeit nicht. Es gibt so viele Krisenherde in
der Welt, dass die Aslybewerberzahl wöchentlich neue Höchststände
erreicht. Ende nächsten Jahres könnten es bundesweit rund eine halbe
Million Menschen sein, die vor Krieg, Terror, Hunger und einem ungewissen Schicksal
auf der Flucht sind. Das sagt Monika Düker, die als Landtagsabgeordnete
für die Grünen Flüchtlingspolitik in NRW macht.
"Wir brauchen dringend vernünftige Wohnanlagen, damit die Flüchtlinge
die Notunterkünfte verlassen können", betont sie und lobt
Gladbach:
"Die Zusammenarbeit mit der Stadt ist hervorragend. Das kann hier eine
Vorzeigeeinrichtung im Land werden."
Wobei die geplante Einrichtung im JHQ nur der Erstaufnahme dient:
Die Flüchtlinge bleiben bis zu drei Monate in den Unterkünften,
werden versorgt, verpflegt, gesundheitlich betreut, sollen zur Ruhe kommen.
Im Idealfall ist dann über ihren Asylantrag entschieden.
Wenn nicht, werden sie danach auf Kommunen verteilt.
Es gibt Angebote für Kinder und Jugendliche, die während der
Erstaufnahme keine Schule besuchen. Kaserniert wird niemand: Das BLB riegelt
mit Zäunen das Flüchtlingsdorf und die Straße ein, über
die Menschen die Stadt erreichen können.
"Die Flüchtlinge sollen nicht auf das riesige Gelände.
Das muss gesichert werden", sagt Hartmut Möller von der Landestochter
NRW Urban, die das Projekt planerisch begleitet.
Verhindert das Flüchtlingsdorf andere Nutzungsmöglichkeiten im JHQ?
Möller: "Nach unserem Kenntnisstand nicht."