Rheinische Post - Gladbacher Zeitung - Donnerstag, 14. Januar 2016
Von Gladbach mit dem IC nach Holland
Die Chancen auf eine durchgehende Intercity-Verbindung von Düsseldorf
über Gladbach nach Eindhoven sind gut.
Und das, obwohl der Lückenschluss 105 Millionen Euro kostet.
In sechs Jahren könnten die ersten Züge rollen.
von Christian Herrendorf, Ludger Peters und Ralf Jüngermann
Bislang ist keine zweite deutsche Stadt dieser Größe dermaßen
vom Fernverkehrsnetz der Bahn abgehängt wie
Mönchengladbach.
Dafür, dass sich das ändert, weiß Oberbürgermeister Hans
Wilhelm Reiners gleich drei Amtskollegen an seiner Seite, die gestern in der
Landeshauptstadt gemeinsam mit Reiners ein großes Infrastruktur-Projekt
vorstellten, das der Bund bezahlen soll.
Denn Thomas Geisel (Düsseldorf),
Rob van Gijsel (Eindhoven)
und Antoin Scholten (Venlo) sind nicht nur davon
überzeugt, dass der Bahn-Flaschenhals zwischen dem Niederrhein und den
Niederlanden beseitigt gehört.
Sie sind auch davon überzeugt, dass es so kommen wird.
Das ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit angesichts der Tatsache,
dass für ein zusätzliches Gleis zwischen
Dülken und
Kaldenkirchen
105 Millionen Euro nötig sein werden.
Diesen Betrag würde der Bund bezahlen, wenn das Projekt in den neuen
Verkehrswegeplan aufgenommen wird.
Dafür haben die vier Partner ein sehr gutes Argument.
Der errechnete Kosten-Nutzen-Faktor liegt bei 7,9.
Der Mindestwert für eine Förderung beträgt 1,0.
Ein "Traumwert", wie nicht nur Düsseldorfs Verkehrsdezernent
Stephan Keller findet.
Denkbar ist auch, Teile der Finanzierung aus europäischen Töpfen zu
bestreiten.
Schon Ende des Jahres dürfte mehr Klarheit herrschen.
Denn bis dahin soll über den
Bundesverkehrswegeplan
entschieden sein.
Wird die IC-Verbindung
Düsseldorf-Eindhoven
aufgenommen, könnte die Umsetzung 2017 beginnen.
Damit zwischen Düsseldorf
und Eindhoven tatsächlich
IC-Züge fahren können, muss nicht nur ein zweites Gleis gebaut, sondern
das bestehende ertüchtigt werden.
Die Bauzeit wird auf drei bis vier Jahre geschätzt, so dass Anfang der
2020er Jahre die ersten Züge auf der Strecke unterwegs sein werden.
In Kurzfassung sieht das Konzept vor, dass der RE 13, heute die Zugverbindung
von Hamm über Wuppertal, Düsseldorf,
Mönchengladbach
und Viersen
nach Venlo,
die "IC-Rolle" übernehmen soll.
In welchem Takt die Bahnen dann fahren und wo sie halten, ist noch nicht vollends
klar.
Klar ist aber: Die Verbindung soll ausdrücklich eine schnelle sein.
Viel mehr als die vier Stationen Düsseldorf,
Gladbach, Venlo und
Eindhoven
scheinen nicht denkbar.
ICE-Züge werden auch auf der neuen Strecke jedoch nicht fahren können.
Ob die Deutsche oder die
Niederländische Bahn die Strecke betreiben wird
und wie die neue an die bestehende Verbindung zwischen Venlo
und Rotterdam anschließt, ist offen.
Bei aller gemeinsamen Harmonie und interregionalen Zusammenarbeit gibt es indes
hinter den Kulissen auch noch Streit:
Der Viersener Landrat Dr. Andreas Coenen, der ursprünglich auch den Erfolg
verkaufen sollte, hatte vor einigen Tagen seine Teilnahme abgesagt.
Der Kreis Viersen unterstützt im Rahmen von
RoCK - so der Name des
Projekts - den zweigleisigen Ausbau der Strecke.
Aber das von den vier Partnern beigefügte Betriebskonzept ist nicht im
Sinne des Kreises Viersen, dessen Interesse Coenen nach eigenen Angaben vordringlich
zu vertreten hat.
Für einige Bahnfahrer aus dem Kreis Viersen würde das Projekt bedeuten,
dass sie anders als bisher künftig in
Mönchengladbach
umsteigen müssen.
Für die Düsseldorfer und Gladbacher gibt es eine markante Verbesserung:
Bisher gibt es von Düsseldorf aus eine Verbindung über Emmerich im
Norden und eine über Aachen im Süden.
Dazwischen ist derzeit lediglich im Stundentakt ein Regionalzug nach
Venlo unterwegs.
Dort müssen Fahrgäste umsteigen, um nach
Eindhoven,
Rotterdam oder Den Haag zu gelangen.
Gladbach arbeitet seit Jahren an einem besseren Bahn-Anschluss.
In der jüngsten Sitzung des Bau- und Planungsausschusses hatte Stadtplaner
Jürgen Beckmann berichtet, er habe seit 25 Jahren mit dem Projekt zu tun
und nun zum ersten Mal berechtigte Hoffnung auf Umsetzung.
Für den Vorsitzenden des Bauausschusses Horst-Peter Vennen ist RocK
ein "sehr spannendes Unterfangen, auch wenn wir noch nicht am Ziel
sind".
Klare Worte für den aktuellen Zustand fand gestern Venlos Bürgermeister
Antoin Scholten:
Der Stellenwert, den seine Stadt für deutsche Besucher genieße,
"verträgt sich nicht mit dem vorsintflutlichen Bummelzug zwischen
Kaldenkirchen und
Dülken."