Rheinische Post - Mönchengladbacher Stadtpost - Mittwoch, 27. Juli 2022

Platz für Natur oder Arbeitsplätze?

Ins ehemalige JHQ soll nun doch eine Fläche für Gewerbeansiedlungen untersucht werden. Darüber wird gerade in der Ampel-Kooperation diskutiert – nachdem man Intel nach Magdeburg ziehen lassen musste und Landwirte in Sasserath kein Land verkaufen wollen.


Mönchengladbach (RP). Die Suche nach neuen Standorten für Unternehmen beschäftigt in den kommenden Monaten die Mönchengladbacher Politik. Konkret will die SPD vorschlagen, das ehemalige JHQ nicht mehr nur alleine zur Wiederaufforstung vorzusehen. Zwischen 50 und 80 der insgesamt 470 Hektar dort könnten womöglich für die Ansiedlung neuer Unternehmen genutzt werden. Das jedenfalls soll die Stadt mit einer Studie genau ergründen, wozu ein Ratsbeschluss zur vollständigen Renaturierung aber auch wieder aufgehoben werden müsste. Das sagte SPD-Fraktionschef Janann Safi am Dienstag. Ein entsprechendes Papier befindet sich derzeit in der Abstimmung der Ampel-Fraktionen SPD, Grünen und FDP.

Die Ratsmehrheit reagiert damit auf das strikte Nein der Anlieger in Sasserath und Schaan, zwischen Mönchengladbach und Jüchen ein interkommunales Gewerbegebiet zu planen. Das sieht die jüngst beschlossene Regionalplanung vor. Entgegen der Proteste unter anderem der Landwirte sind in der neuen Regionalplanung dort 58 Hektar für ein Gewerbegebiet mit null Emissionen eingeplant. Die Anwohner haben dagegen viele Unterschriften gesammelt, und die Landwirte haben vehement betont, keinen Meter Land abgeben zu wollen.

Ein Vorstoß von SPD-Bezirksvorsteher Ulrich Elsen, er halte Sasserath nicht für die ideale Lösung für einen Gewerbestandort, sorgte für Entrüstung in der Wirtschaft. "Die Haltung der Mönchengladbacher Politik ist enttäuschendot;, sagte Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein. "Mönchengladbach hat nachweislich einen Bedarf an Gewerbeflächen, der nicht gedeckt ist. SPD und CDU stimmen der Ausweisung im Regionalrat zu, lokal rudern sie zurück. In diesen Zeiten braucht es wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen, keine zusätzlichen Beschränkungen."

Als Beschränkung wollen die Gladbacher Sozialdemokraten die neue Entwicklung nun auch nicht verstanden wissen. Im Regionalplan sei beschlossen, dass es ein Gewerbegebiet in Sasserath geben soll, sagte Oberbürgermeister Felix Heinrichs (SPD). "Aber es ist auch klar, dass die Landwirte nicht verkaufen wollen. Das wäre Voraussetzung, um eine kommunale Bauleitplanung anzugehen mit Flächennutzungsplan und Bebauungsplan. Beides ist kurzfristig nicht geplant." Michael Hildemann, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Regionalrat, sagte: "Wir erkennen die Realität an, dass die Leute derzeit nicht verkaufen wollen, deshalb müssen wir weitere Bereiche in Mönchengladbach ausgucken. Ich halte es aber weiter für richtig, dieses Gewerbegebiet in Sasserath zu planen. Das ist eine Entwicklung, die nicht jetzt umgesetzt werden kann, aber vielleicht irgendwann."

Weil laut Bezirksregierung bis zu 140 Hektar Gewerbeflächen in der Stadt fehlten, würden nun Alternativen intensiver untersucht. Dazu gehöre der Flughafen wie auch das JHQ. Dort hatte es auch eine prominente Anfrage gegeben: Chiphersteller Intel hatte sich für einen Neubau einer Chipfabrik auf dem Areal interessiert. Weil aber nicht so viel Fläche und vor allem nicht so schnell zur Verfügung steht, wird jetzt in Magdeburg gebaut - für 17 Milliarden Euro sollen 10.000 Jobs entstehen.

So viel Fläche gibt das JHQ aber wohl kaum her. Restriktionen wie Abstände zum Flora-Fauna-Habitat rund um den Knippertzbach, Grundwasserschutzzonen und Windvorrangzonen machen weite Teile des JHQ kaum nutzbar für Gewerbe.

Die Frage ist, auf wie viel Gegenliebe diese Positionen insbesondere beim grünen Kooperationspartner trifft. Der Fraktionsvorsitzende Boris Wolkowski signalisiert Gesprächsbereitschaft: "Man kann prüfen, was möglich ist, aber im JHQ gibt es eine starke Bindung zum Naturschutz." Gewerbeflächen-Entwicklung könne nicht ausschließlich im JHQ stattfinden. Die Entwicklung der Sasserather Fläche ist für Wolkowski aber vom Tisch: "Etwas als Gewerbefläche auszuweisen, auf das man gar keinen Zugriff hat, war nicht sehr sinnvoll."

Hildemann und Safi betonen, es wäre sträflich, wenn Mönchengladbach keine Vorsorge für den Strukturwandel träfe. "Wir brauchen ein nachhaltiges, zusammenhängendes Gewerbegebiet im JHQ. Wir sind an dem Punkt, dass sich alte Ideen dort nicht realisieren lassen", sagt Safi. Im Gegenzug könnten innenstadtnahe Brachen renaturiert werden, um Hitzestauungen zu vermeiden.



Entnommen aus der Rheinischen Post, Ausgabe Mönchengladbach, 27. Juli 2022

Siehe hierzu auch Artikel vom 11. Januar 2022:
Doch ein Gewerbegebiet ins JHQ?


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