Westdeutsche Zeitung - Dienstag, 13. November 2007

Eiserner Rhein: Keiner will die Güterzüge

Die Gegner sind einig: Entweder Lärmschutz oder neue Trassen für den Eisernen Rhein.

Von Roland Busch
Westdeutsche Zeitung - KREFELD. In Krefeld ist die eindeutige Haltung der Anwohner zum Thema Eiserner Rhein längst klar. Nein, einen Blumentopf kann NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke mit dem Thema Eiserner Rhein nicht gewinnen. Alle sind dagegen, von Krefeld über Willich, Viersen und Mönchengladbach bis zu den Grenzlandgemeinden Schwalmtal und Niederkrüchten. Die Holländer wollen die Güterzugverbindung zwischen dem Seehafen Antwerpen und dem Ruhrgebiet ohnehin nicht, weil sie ihrem Hafen Rotterdam Konkurrenz machen würde.

Und doch muss Wittke das Thema vorantreiben. Letzte Woche hat das von ihm beauftragte Ingenieurbüro noch einmal einen Teilneubau der Strecke zwischen niederländischer Grenze und Viersen favorisiert und andere Lösungen verworfen. Vor allem die insbesondere in Krefeld gewünschte Neubautrasse entlang der Autobahn 40 zwischen Venlo und Duisburg sei zu teuer, so die Gutachter. Im Dezember werden sie ihr endgültiges Papier an den Minister weiterleiten; dann wird sich der Ausschuss des Landtages für Bauen und Verkehr damit beschäftigen - und eine Empfehlung aussprechen. Die soll der Minister dann an die Bundesregierung weiterreichen.

Die Zuständigkeit für Güterverkehr liegt in Deutschland beim Bund

Denn eigentlich ist Wittke gar nicht zuständig. Die Zuständigkeit für Güterverkehr liegt in Deutschland grundsätzlich beim Bund. So könnte Wittke auch gar nicht das von vielen geforderte Abstimmungsgespräch mit den Vertretern von Belgien und den Niederlanden führen; "dieses Gespräch muss der Bund führen", sagt Mirjam Grotjahn vom Verkehrsministerium NRW.

Und auch in einem zweiten Punkt, der Wittke immer wieder vorgeworfen wird, sind dem Minister die Hände gebunden: beim Thema Lärmschutz. Für bestehende Strecken gibt es keinen Rechtsanspruch auf Lärmschutz.

Mit dem von den Gutachtern favorisierten Teilneubau der Strecke an der A52 zwischen Grenze und Viersen würden Wegberg und Mönchengladbach entlastet. Die neue Trasse würde mit Lärmschutz versehen. Außen vor blieben Krefeld und Viersen. Mitten durch die Städte würden die Güterzüge donnern. "Eine Belastung, von denen die Menschen vor Ort keinerlei Nutzen haben", sagt Stefan Berger, Landtagsabgeordneter der CDU aus Schwalmtal. Ihm sei schleierhaft, wie man so eine Entscheidung treffen soll. Sein Vorschlag: Alle Maßnahmen aussetzen, bis es eine Einigung zwischen Belgien, Deutschland und den Niederlanden gibt.

Kritik: Es fehlt ein Gesamtkonzept, Alternativen wurden nicht geprüft

Den Grünen fehlt ein Konzept für die ganze Strecke. Sie solle nicht nur Durchfahrt für Güterzüge bieten, sondern auch den Menschen in der Region dienen, sagt der grüne Kreisvorstand in Viersen. Deren Kollegen in Krefeld sehen lokalpolitische Versäumnisse: "Wir haben immer sofortigen Lärmschutz gefordert; das wurde mit dem Argument blockiert, dies gefährde die A40-Variante. Jetzt wird klar, dass lärmgeplagten Anwohnern nur Sand in die Augen gestreut wurde. Krefeld steht mit leeren Händen da", so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Rolf Rundmund.

Auch der planungspolitische Sprecher der Krefelder SPD, Jürgen Hengst, sieht Versäumnisse. Die Gutachter hätten den Bau einer Trasse an der A40 nicht ernsthaft geprüft; die Baukosten von vier Milliarden Euro wirkten nur deshalb so hoch, weil beim Vergleich mit dem Teilneubau an der A52 (585 Millionen Euro) die Aufwendungen für den Schutz der Menschen vor Lärm, Staub und Erschütterungen nicht eingeflossen sei. Schon jetzt seien in Krefeld 60000 Menschen betroffen. Hengst fehlt es an einer Koordination des Themas. Es müsse eine Stabsstelle Eiserner Rhein geschaffen werden.

Eine bessere Koordination der Krefelder Verwaltung vermisst auch CDU-Planungsexperte Hans-Josef Ruland. "Wir brauchen in Krefeld ein professionelles Projektmanagement." Schon heute liege der Lärm an der Strecke über dem verträglichen Maß. Der Eiserne Rhein gehöre zum transeuropäischen Eisenbahnnetz. Ein solches Netz dürfe nicht durch die Innenstädte geführt werden. Sein Vorschlag: Weiterbau des Eisernen Rheins entlang der Autobahn 52 bis zum Rhein.


Entnommen aus der Westdeutsche Zeitung, Krefeld, 13. November 2007

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